Der Grossvater verzeiht ihm den Wechsel

Beim 3:2-Auswärtssieg nach Penaltyschiessen gegen Lugano bestritt der 18-jährige Simon Sterchi sein erstes ganzes NLA-Spiele für die SCL Tigers. Die Familie des Wichtrachers dagegen ist mit dem SC Bern verbunden.

Presse • • von Berner Zeitung, Philipp Rindlisbacher


Um halb vier war er am Sonntagmorgen ins Bett gegangen; müde, aber euphorisiert vom 3:2-Sieg nach Penaltyschiessen der SCL Tigers über Lugano. Lange schlief Simon Sterchi aber nicht. Tags darauf stand er am späten Nachmittag schon wieder im Einsatz, mit den Langnauer Elite-Junioren reiste der 18-Jährige nach La Chaux-de-Fonds. Mit den Young Tigers jedoch verlor er 2:4.

 

Die Dimensionen liessen sich freilich nicht miteinander vergleichen. Die Partie im Tessin hatten 5293 Zuschauer verfolgt, im Jura waren 56 Fans im Stadion. «Und punkto Tempo und Intensität waren die Unterschiede gewaltig», meint Sterchi. Und doch sagt er, die gestrige Aufgabe sei schwieriger gewesen als jene am Samstagabend. «Bei den Junioren stehe ich permanent unter Beobachtung. Jeder erwartet viel von mir, das erzeugt Druck.»

 

In der noch jungen Saison ist Sterchi der Langnauer Aufsteiger. Er schnuppert erstmals NLA-Luft; bei seinem Debüt am vergangenen Mittwoch hatte er sich einen Assist gutschreiben lassen, gegen Lugano agierte er an der Seite Sandro Moggis und Adrian Brunners im dritten Block. Er befinde sich in einer neuen Welt, sagt der Junior, «ich laufe aber nicht mit offenem Mund durch die Eishallen. Noch bin ich kein Fixpunkt in diesem Team, muss um jede Sekunde Eiszeit kämpfen». Um auf höchster Stufe eine tragende Rolle zu spielen, muss der laufstarke Sterchi (176 Zentimeter, 80 Kilo) im physischen Bereich gewiss noch zulegen.

 

Um überhaupt erst zu NLA-Einsätzen zu gelangen, wechselte der Wichtracher vor Jahresfrist von Bern in Richtung Emmental. Beim SCB hatte er keine Perspektiven gesehen, den Durchbruch hatten andere geschafft, etwa Sterchis Kollege Christoph Bertschy.

 

Nicht im Streit gegangen

Sterchis Transfer zu den SCL Tigers erweist sich als kluge Entscheidung. Die Berner verliess er nicht im Streit – im Gegenteil. Nach wie vor schielt er auf die SCB-Resultate. «Als Bub war ich ein eingefleischter Fan», sagt der frühere Nachwuchsnationalspieler. Kein Wunder, bei dieser Vorgeschichte. Grossvater Max Sterchi wurde einst als Mister SCB bezeichnet; er wirkte zwischen 1958 und 1991 bei den Mutzen als Konditionstrainer und Chef der Technischen Kommission, feierte mehrere Meistertitel. «Er schaut immer vorbei, wenn ich in der Postfinance-Arena spiele», sagt der Stürmer, «er spricht nach wie vor mit mir, ist nicht böse, dass mein Herz nun für die Tigers schlägt», ergänzt er schmunzelnd.

 

Vater Christoph Sterchi spielte ebenfalls lange für den SCB-Nachwuchs, verteidigte später in der 1.Liga. Nun ist er als Sportchef beim Schweizer Radio DRS tätig. «Spiele von mir kommentiert er aber nicht», sagt Sterchi junior. Die journalistische Unabhängigkeit soll gewährleistet bleiben.

 

Stressig geht es für Simon Sterchi auch künftig zu und her, weitere Doppeleinsätze sind geplant. Die Kraft wird ihm aber kaum ausgehen, absolviert er seine KV-Lehre doch in Bern bei der Firma Wander. Diese produziert Ovomaltine und Isostar...