Zum Gedenken an Edi Grubauer:

Der Meistergoali, der nicht regnen und schneien konnte

Er habe eigentlich alles schon gemacht, nur geregnet oder geschneit habe er nie. Edgar Grubauer hatte ein bewegtes Leben, das vor allem in der zweiten Hälfte nicht immer einfach war. Den SC Langnau hexte er aber 1976 als Torhüter zum bisher einzigen Titel.

Blog • • von Bruno Wüthrich

Nach dem Titelgewinn 1976 wird der grandiose Torhüter Edgar (Edi) Grubauer von seinen Teamkollegen als Held gefeiert

 

Wer damals dabei war, kann sich noch gut erinnern. Denn das vergisst man nie. Als der SC Langnau, der Dorfklub, es allen Bonzen zeigte und Schweizer Meister wurde. Und dies in der gerade eben auf diese Saison hin überdachen Ilfishalle.

Legendär waren sie alle, die Meisterspieler. Und auch wenn heute keine Nummer eines Spielers dieser Mannschaft unter dem Dach der Ilfishalle hängt, so hätten sie es doch allesamt verdient.

Und doch ist einer speziell hervorzuheben, wenn es darum geht, zu ergründen, was es denn braucht, um einen Titel zu gewinnen. Denn schon damals galt: Ohne überragenden Torhüter geht es nicht. Es braucht den sicheren Rückhalt des Schlussmannes, denn ohne gewinnt man keinen Blumentopf. Und schon gar nicht den Titel.

Edgar (Edi) Grubauer war dieser überragende Torhüter. Damals sahen Torhüter noch anders aus. Edi war nur 170 cm gross und keine 60 Kilo schwer. Die Ausrüstung war längst nicht so voluminös wie heute und schirmte die Torhüter auch bei weitem nicht so gut ab, wie dies mit den heutigen Materialien der Fall ist. Wenn die Schoner mal eingeschossen waren, konnte jeder Schuss schmerzen. Der Stil, mit welchem die Torhüter agierten, war damals noch ganz anders. Das Wort „Butterfly“ kannte man im Eishockey nicht. Möglichst spät zu Boden war die Devise. Und die Reaktionsfähigkeit musste grandios sein. Edi war einer der Besten seines Fachs.

Edi kam auf die Saison 1973/74 vom EHC Rotbalu Bern zum SC Langnau und bestritt in seiner ersten Saison lediglich zwei Spiele. Im Jahr darauf waren es schon deren neun. Es war die erste Saison unter dem legendären Spielertrainer Jean Cusson. Und Cusson sollte 1975/76 ganz auf den jungen Berner setzen. Dieser dankte es ihm und seinen zahlreichen Fans mit tollen Paraden, tadellosen Leistungen und vielen Siegen. Das Publikum war ob seines spektakulären Stils jeweils ganz aus dem Häusschen. Grubauer war einer der grossen Stars im Ensemble der Emmentaler.

Neben dem Titel erreichten die Langnauer, die damals noch nicht SCL Tigers hiessen, aber bereits den Tiger auf der Brust trugen, mit Edi im Tor noch zwei zweite und zwei dritte Ränge in der Meisterschaft. Damals hatte man im Emmental noch etwas andere Erwartungen. Spielertrainer Normand Beaudin, der Nachfolger von Jean Cusson, verlor nach zwei zweiten Rängen wegen Erfolglosigkeit noch seinen Job. Dafür – und darauf wette ich – hätte damals der Sportchef noch gefahrlos in die Ferien reisen dürfen.

Edi wechselte dann zum SC Bern. Darüber etwas zu schreiben, überlasse ich aber gerne den Städtern, denn sie spielten damals die meiste Zeit eine Liga tiefer, wo wir sie im Emmental nicht so verfolgen mochten und etwas aus den Augen verloren. Dass „Herr Grubauer“, wie er in Bern genannt wurde, und der übrigens auch 22 Mal für die Nati auflief, auch da ein überragender Torhüter war, versteht sich allerdings von selbst.

In den glorreichen 1970er-Jahren aber war der SC Bern zusammen mit dem EHC Biel der grosse Rivale. Das waren damals nicht einfach nur Spiele, in welchen es um Punkte ging. Da ging es um die Ehre, um Stadt gegen Land. Um Bonze gegen Bauer. Da waren die Derbys Dorf- und Stadtgespräch. Und zwar nicht nur am Spieltag, sondern bereits eine Woche davor und eine Woche danach. Es war eine grosse Zeit.

Nach seiner Karriere hatte Edi dann etwas weniger Glück. Während seiner Karriere wurde mit Sport in der Schweiz noch niemand reich. So erhielt Edi als Lohn für den Titelgewinn eine Prämie von 3‘500.- Franken. Ausserdem wurde den Spielern als Festmal Güggeli mit Pommes serviert.

Der gelernte Carosseriespengler war Tierliebhaber (Schlangen, Mäuse, Schildkröten) und bezeichnete sich als Überlebenskünstler. Unter anderem verdiente er sich sein Geld etwa als Maler, Bodenleger, Restaurateur alter Porsches und als Gerant in einem abgelegenen Gastronomiebetrieb in Frankreich. Zwischendurch habe er auch Toiletten gereinigt. Eigentlich habe er schon alles gemacht. Nur geregnet und geschneit habe er noch nie.

In der Nacht auf Dienstag verschied Edgar Grubauer im Alter von 67 Jahren. Wer ihn erlebt hat, wird ihn nie vergessen.