Was sind schon Prognosen?

Der Tiger hat wieder Kampfkraft und Leidenschaft

Die SCL Tigers erkämpfen sich in einer schweren Woche sechs Punkte. Dabei werden auswärts der SC Bern und in der Ilfishalle Meister EVZ vom Eis gearbeitet. Damit übertreffen die Emmentaler gerade alle Erwartungen. Doch es bleibt schwierig.

Blog • • von Bruno Wüthrich

Die SCL Tigers konnten zuletzt vermehrt jubeln. Wobei Alexandre Grenier (ganz links) inzwischen seinen Vertrag aufgelöst hat und abgereist ist. Für ihn kommt der Kanadier Cody Eakin.

 

Der Tiger ist die grösste und stärkste Raubkatze der Welt. Obwohl Tiger in freier Wildbahn kaum je auf Löwen treffen, gehen Experten davon aus, dass der Tiger stärker ist als sein königlicher Kontrahent. Dass die Eishockeyander aus Langnau mit dem Tiger auf der Brust und im Namen sich der Konkurrenz in den Weg stellen, ist eine Botschaft. Seht her, wir sind mit einem der stärksten Raubtiere unterwegs. Mit uns ist zu rechnen. Stell dich dem Kampf.

Nicht immer haben die SCL Tigers in der Vergangenheit so gekämpft, wie es der eleganten und kräftigen Raubkatze zur Ehre gereicht hätte. Aber seit einigen Spielen ist dies wieder der Fall. Seit die Langnauer am 1. Oktober völlig überraschend auswärts den HC Fribourg-Gottéron in der Verlängerung bezwungen haben, sind sie wie ausgewechselt. Von den acht ausgetragenen Spielen im Oktober gewannen die Jungs von Coach Thierry Paterlini deren fünf. Sie belegen damit nach insgesamt 15 ausgetragenen Partien trotz des miserablen Septembers dezeit den 10. Rang und liegen damit nach nicht ganz einem Drittel der Meisterschaft völlig unerwartet auf einem für die Pre-Playoffs berechtigten Rang. Das ist aller Ehren wert. Erstmals in dieser Saison kamen zum Spiel gegen Zug mehr als 5'000 Zuschauer zu einem Heimspiel der Tiger. Sie werden ihr Kommen nicht bereut haben. Es müsste nun schon mit dem Teufel zugehen, wenn sich das Publikum künftig nicht wieder vermehrt in die Ilfishalle locken lässt.

Beeindruckend ist vor allem, auf welche Weise die Tiger ihre Erfolge erzielen. Die Experten prognostizierten die Emmentaler ja nicht völlig ohne Grund auf den letzten Tabellenrang. Zu tief schein das spielerische Potential, zu überlegen scheinen sämtliche Gegner in allen Belangen.

Aber erstens müssen die Experten nicht immer recht behalten, und zweitens haben sie wohl nicht mit der wieder erwachten Kampfkraft und Leidenschaft der Ilfishallen-Truppe gerechnet. Zudem verleihen die Erfolge Selbstvertrauen. Vor allem defensiv hat die Mannschaft zuletzt massiv zugelegt, ist viel näher an ihren Gegnern dran und lässt kaum etwas zu. Die Siege gegen den SC Bern (3:2) und den EV Zug (3:1) sind jedenfalls nicht gestohlen, auch wenn es dazu die starke Leistung von Torhüter Luca Boltshauser brauchte. Der 29-jährige Zürcher, der in diesem Sommer von Lausanne ins Emmental wechselte, liefert derzeit am Laufmeter tigerstarke Leistungen ab und gibt seiner Mannschaft damit in jeder Partie eine Siegchance. Er wird aber von seinen Vorderleuten auch hervorragend abgeschirmt.

Übrigens: In der Partie auswärts gegen die ZSC Lions, in welcher die Tiger chancenlos waren (0:4) zeichnete sich auch Boltshausers Backup Stéphane Charlin aus. An ihm lag es jedenfalls nicht, dass die Emmentaler eine ziemliche Klatsche kassierten. Ohne seine tadellsoe Leistung hätte diese wesentlch höher ausfallen können. Derzeit haben die SCL Tigers - entgegen verschiedener Vorhersagen - keinerlei Torhüter-Problem.

Zudem performen nach anfänglicher Flaute jetzt auch die Ausländer. Inzwischen haben alle fünf Ausländer der Tiger mindestens einmal getroffen, Harri Pesonen ist wie erwartet ein sicherer Wert und ein Leader. Der finnische Olympiasieger und Weltmeister trägt völlig zurecht das C des Captains auf der Brust. Er ist in jeder Beziehung ein Vorbild. Aleksi Saarela, der letzte Saison auch wegen einer Verletzung nicht das bringen konnte, das von ihm erwartet wurde, ist inzwischen aufgeblüht und deshalb ebenfalls wichtig für die Mannschaft. Aber er brauchte auch dieses Jahr Anlaufzeit. Er sei nicht ganz fit im Emmental angekommen, sagte Coach Paterlini. "Ich habe ih deshalb zu Sonderschichten im Trainig verdonnert. Er hat aber ausgezeichnet darauf reagiert und inzwischen bin ich sehr zufrieden mit ihm." Zudem ist heute der neue Kanadier Cody Eakin in Langnau eingetroffen. Er dürfte am Dienstag auswärts in Pruntrut erstmals zum Einsatz kommen.

Apropoz Pruntrut: Die SCL Tigers haben gegen ihre beiden direkten Konkurrenten aus der sogenannten Kellermeisterschaft bisher noch keinen einzigen Punkt geholt. Coach Paterlini vermutet ein mentales Problem: "Ich glaube, dass die Jungs, wenn von ihnen Siege erwartet werden, irgendwie blockiert sind." Diese Blockade gilt es sofort abzulegen, so dass am Dienstag gegen den HC Ajoie zusätzliche Punkte auf das Konte der Langnauer gelangen und der Abstand zum Tabellenende etwas grösser wird. Zudem geht es auch um Selbstvertrauen für allfällige entscheidende Serien gegen den Abstieg. Am Wochenende warten dann der EHC Biel (auswärts) und die Rappersweil-Jona Lakers. Beide alles andere als leichte Gegner.

Ein leichter Gegner ist auch der HC Ajoie nicht. Coach Paterlini erwartet ein schwieriges Spiel. "Die Jurassier werden ganz anders auftreten als der EV Zug und bedeutend weniger laufen. Wir müssen uns also umstellen. Zudem haben die Elsgauer (deutscher Name für Ajoie) in dieser Saison ein anderes Selbstbewusstsein und spielen zudem zuhause. Das wird schwierig."