Gedanken über die Fankultur in Langnau:

Die SCL Tigers hatten noch nie die besten Fans!

Immer wieder haben wir uns in Langnau selbst beweihräuchert: "Wir sind die besten Fans!" Gestimmt hat das nie! Zu keiner Zeit. Lange waren wir vielleicht die Treusten. Aber auch damit ist es vorbei. Und die Leidenschaft hat uns schon immer gefehlt.

Blog • • von Bruno Wüthrich

Für Andreas Klossner, Finanzminister der SCL Tigers, dürfte die Treue der Fans immer ein wichtigerer Faktor gewesen sein als die Leidenschaftlichkeit. Denn Leidenschaftlichkeit bringt kein direktes Geld. Treue schon. Tatsächlich war es ein Phänomen, dass die Fans in Langnau - damit sind nicht nur die Kurvenfans gemeint - immer in Scharen aufmarschiert sind, Jahr für Jahr immer etwas mehr, und dies trotz zumindest rangmässig stets bescheidener Performance. Es ist eben in Langnau nicht in erster Linie um den Rang gegangen. Kampf und Leidenschaft auf dem Eisfeld wollen die ZuschauerInnen sehen. Dabei entschädigt ein geiler Sieg von Zeit zu Zeit für so manche Niederlage. 

Doch ausgerechnet jetzt - nach der Pandemie - wo es besonders wichtig wäre, dass die Spuren, welche diese besondere Situation hinterlassen hat, wieder beseitigt werden können, die finanziellen Einbussen, welche die behördlichen Massnahmen infolge der Pandemie trotz finanzieller Überbrückungshilfen bewirkt haben, wieder aufgeholt werden können, hapert es mit der Treue der Fans. Durchschnittlich 700 Fans pro Spiel fehlten über die ganze Saison in der Ilfishalle. VR-Präsident Peter Jakob machte in einem Interview eine grobe Rechnung. 100 fehlende Zuschauer pro Spiel machen auf die Saison gerechnet 100 000 Franken aus. Ergo fehlen in der Rechnung 700 000 Franken. Dank vorsichtiger Budgetierung sei kein grosses Defizit zu erwarten, so Jakob in besagtem Interview. Dass er damit aber rein gar nichts aufholen konnte, sagte er nicht.

Die Gründe für das Fernbleiben

Die SCL Tigers haben trotz des lediglich 13. Ranges in der Qualifikation eine äusserst respektable Saison hingelegt. Zumindest wesentlich besser, als von den meisten ExpertInnen erwartet. Ganze 25 Punkte mehr haben die Tiger mehr erspielt als in der Saison zuvor. Bis fünf Partien vor Schluss der Qualifikation waren sie dran an der Qualifikation für die Pre-Playoffs. Möglicherweise spielten dann die Nerven und das Verletzungspech eine entscheidende Rolle. Nach dem Ausfall von Mark Michaelis lief es nicht mehr wie zuvor.

Eine Rolle könnte jedoch der miserable Start in die Saison gespielt haben mit lediglich einem Sieg in den ersten acht Spielen. Da auch der Saisonkartenverkauf im Vergleich zu früheren Jahren eher schleppend verlaufen war, spielten die Resultate zu Beginn der Spielzeit eine grössere Rolle auf das Zuschaueraufkommen. Bei vielen dürfte dort der Glaube an eine bessere Saison etwas verloren gegangen sein. Bis das Vertrauen in die Mannschaft zurückkehrte, war die Hälfte der Saison vorbei. In der zweiten Saisonhälfte wurden dann die Zahlen etwas besser. Aber so wie vor der Pandemie wurde es nie.

Der sechste Mann

Es wird immer wieder bestätigt: Ein leidenschaftliches Publikum hat Auswirkungen auf die Mannschaft. Es kann das Team stärker machen, voran treiben, Emotionen bringen. Wenn die Halle bebt, erhalten die Spieler Flügel. Das ist in Langnau nicht anders als bei anderen Klubs. Zumindest theoretisch.

In der Praxis sieht es damit in Langnau leider düster aus. Müsste man die Qualität des sechsten Mannes beurteilen und danach eine Rangliste erstellen, dann würde sich auch hier Langnau in den hintersten Tabellenregionen tummeln. Würde ich persönlich diese Rangliste erstellen müssen, wären die Tiger-Fans genau gleich rangiert wie ihre Lieblinge. Nämlich auf Rang 13. Hinter ihnen wären allerdings nicht die Fans des HC Ajoie, sondern diejenigen der ZSC Lions. Viel zu selten trägt "der sechste Mann von Langnau" die Mannschaft zu einer Wende oder gar zu einem Sieg. Viel zu oft muss es die Mannschaft ohne diesen sechsten Mann richten. Der daraus resultierende Nachteil mag nicht riesig sein. Aber es ist ein Nachteil.

Auch hier die Gründe

Man sagt, die EmmentalerInnen seien eher reservierte Personen, die nur ungern aus sich herauskommen. Das mag in der Tendenz stimmen, aber eine wirkliche Begründung ist das nicht. Wieso die Sitzplatz-Zuschauer nicht auch mal in ein "Hoo hoo hopp Langnou" einstimmen können, wenn es denn von der Fankurve gelegentlich mal angestimmt wird, erschliesst sich mir nicht. Alle auf den Zuschauerrängen rund um das Eisfeld in der Ilfishalle haben schon mal von der Energie des sechsten Mannes gehört. Da müsste es doch eigentlich ein Bedürfnis einer und eines jeden Einzelnen sein, auch stimmlich etwas zur Energie seiner/ihrer Lieblinge beizusteuern. Aber man sitzt lieber unbeteiligt da wie das Cupli-Publikum in Zürich, geradeso, als ob wir mit diesen Stadt-Snobs etwas gemeinsam hätten. Da geht die Post aber in Pruntrut, Ambri, Lugano, Fribourg und Lausanne ganz anders ab.

Aber auch in der Kruve müssen sich die Verantwortlichen Gedanken machen. Es genügt eben nicht, zwar schöne, aber nichts sagende oder völlig harmlose Choreos zu machen. Und es reicht ebenfalls nicht, über eine ganze Saison mehrheitlich nach Plan einfach immer die gleichen Lieder zu singen und dabei das Spielgeschehen zu vernachlässigen. Letzteres ist zwar etwas besser geworden. Aber von "gut" sind wir noch weit entfernt. Dabei ist das Eingehen auf die jeweilige Spielsituation sowohl für die Mannschaft wie auch für das Sitzplatzpublikum äusserst wichtig. Will man, dass auch die Sitzplätzler mal in einen Schlachtruf einstimmen, so muss dieser zum Spielgeschehen passen. Sonst wird das nie etwas.

Ich habe kürzlich einen Witz gehört. Der geht so: "Gehen zwei Linke in eine Bar. Sofort bilden sich drei Splittergruppen". Ob nun lustig oder nicht, man könnte diesen Witz auch problemlos auf die Langnauer Kurvenfans abändern. Die einzelnen Fanclubs und -gruppierungen mögen einander nicht den Käse zwischen ihren Zehen gönnen. Stimmt die eine Gruppe ein Lied oder einen Schlachtruf an, verweigern die Anderen die Gefolgschaft. Und die Person am Megaphon ist viel zu wenig Capo, um die Kurve zu einen. Ein Trauerspiel!

Nach der Saison ist vor der Saison. Jetzt ist es an der Zeit, dass sich die Vertreterinnen und Vertreter der verschiedenen Fanclubs und -gruppierungen zusammensetzen und sich einig darüber werden, wie sie künftig vorgehen wollen. Das müssen sie unter sich ausmachen. Sie müssen dafür nicht die Moderation von Vertretern der SCL Tigers suchen, die dann auch noch eigene Belange einbringen wollen. 

Es ist allein an den Klubs und den Gruppiereungen, sich darauf zu einigen, wer in der Kurve den Lead hat und was dabei zu beachten ist. Dazu braucht es gegenseitigen Respekt und das Vertrauen, dass diejenigen, die den Lead haben, sich auch an das Abgemachte halten. Falls nicht, werden sie halt dann abgesetzt. Das geht ruckzuck, und schon sind andere dran.

Es ist sowieso schon schwierig, eine so grosse Kurve zu einen. Zumals sich darin viele Smartphone-Fans befinden, die lieber etwas posten statt mitzuhelfen, die Mannschaft zu unterstützen. Wenn sich dann aber noch die Hardcore-Fans uneinig sind, ist dies nicht mehr zu managen.

Derzeit gilt noch der Spruch: Die Fans der SCL Tigers sind nicht das, was sie nie waren.

Davon gilt es, wegzukommen. Und zwar möglichst rasch. Die SCL Tigers brauchen einen starken sechsten Mann.