Nach 10 Spielen die erste Analyse:

Die SCL Tigers sind in der Meisterschaft 2022/23 angekommen

Drei Siege in den letzten sechs Spielen, das ist eine Bilanz, die sich sehen lässt. Dazu der Sieg zu Saisonbeginn gegen die ZSC Lions und die miserablen Leistungen in den drei Spielen danach. Coach Paterlini sprich auch von mentalen Problemen.

Blog • • von Bruno Wüthrich

Das Spiel gegen den HC Lugano, dieser grandiose 6:1 - Erfolg, diese Demütigung eines grossen Namens, das darf gefeiert, aber keinesfalls überschätzt werden. Wie man dieses Lugano, all die grossen Namen im LineUp, derart ins Abseits coachen kann, bleibt wohl ein Rätsel, welches nicht einmal die Tessiner durchschauen. Wahrscheinlich ist es tatsächlich so, dass beim HCL die Spieler die Macht haben und die Präsidentin bezahlt. Der Coach ist deshalb mehr Fourier als General. Aber das ist nicht unsere Sache. Dieses Problem muss in Lugano gelöst werden. Lugano-Präsidentin Vicky Mantegazza wird über die Bücher müssen.

Aber der gestrige Abend in Langnau war wirklich grandios. Schon allein deshalb, weil noch deutlich mehr Tore hätten fallen können. Luca Boltshauser im Langnauer Tor zeigte mehrere sehenswerte Paraden und war ein sicherer Wert. Auf der anderen Seite versiebten die Langauer vor allem im Startdrittel beste Torchance gleich reihenweise. 

Erfreulich die Bilanz im Überzahlspiel. Fünf der sechs Treffer der Emmentaler fielen im Powerplay oder waren eine direkte Folge davon. Der Treffer zum 3:0 durch Flavio Schmutz fiel drei Sekunden nach Ablauf einer Strafe, als das Powerplay noch weiter lief. Dieser Treffer war zugleich der einzige, welcher einem Spieler mit Schweizer Lizenz zugeschrieben werden konnte. Die weiteren Tore erzielten Pesonen (2), Michaelis (2) und Saarela (1). 

Apropos Powerplay: Eine Schwalbe macht noch keinen Sommer, besagt ein Sprichwort. Aber ein guter Abend im Powerplay kann eine Mannschaft in dieser Statistik ganz klar nach vorne bringen. Waren die SCL Tigers in dieser Beziehung vor dem Spiel gegen die Luganesi ganz klar die schlechteste Mannschaft der Liga, befinden sie sich jetzt ganz komfortabel im Mittelfeld. Und doch ist es nur eine einzige gute Partie.

Dort, wo erwartet

Nach 10 Spielen liegen die Tiger auf dem 12. Tabellenrang. Die beiden Mannschaften hinter ihnen sind der HC Lugano und der EHC Kloten. Die Luganesi, so schwach sie gestern in der Ilfishalle aufgetreten sind, gehören eigentlich trotzdem nicht in diese Tabellenregion. Es bleibt abzuwarten, ob es den Verantwortlichen dieser stolzen Organisation gelingt, die nötigen Massnahmen zur Gesundung der Mannschaft zu ergreifen. Der Trainerwechsel hat bisher genau nichts bewirkt (drei Niederlagen und keine Punkte). Und doch müssen wir erwarten, dass die Südtessiner zum Schluss der Meisterschaft mit der Kellermeisterschaft nichts zu tun haben werden.

Dafür haben die Tiger zum formidabel in die Meisterschaft gestarteten HC Ajoie aufgeschlossen, und Aufsteiger Kloten liegt auf dem letzten Tabellenrang. Die 0,833 erspielten Punkte pro Partie können jedoch aus Langnauer-Sicht nicht überzeugen. Um mit den Playouts zum Schluss der Saison nichts zu tun zu haben, muss ein Schnitt von über einem Punkt pro Partie her. Schliesslich geht es auch darum, möglichst lange um einen Rang, der für die Pre.Playoffs berechtigt, mitzuspielen. Rang 10 belegt derzeit der HC Lausanne. Die Waadtländer weisen bei gleich vielen absolvierten Spielen drei Punkte mehr auf als die Tiger. Ihr Punkteschnitt beträgt 1,083.

Schmerzhafte Niederlagen

Dass die SCL Tigers mehr Niederlagen würden verarbeiten müssen als sie Siege feiern können, war von vornherein klar. Trotzdem gibt es eben Niederlagen und Niederlagen. Dass man nach sehr guten Leistungen gegen einen HC Davos oder den überlegenen Leader Genf-Servette unterlegen ist, sind den starken Gegnern geschuldet. Mehr weh tut da schon die desolate Leistung im Heimspiel gegen den EHC Biel. Aber ganz besonders schmerzen die beiden Niederlagen gegen die direkten Konkurrenten der Kellermeisterschaft im Kampf um Platz 12. Dass die Emmentaler weder gegen den HC Ajoie (1:4) noch den EHC Kloten (2:3) auch nur einen Punkt erringen konnten, muss deshalb als ungenügend bezeichnet werden. Solche Niederlagen haben Konsequenzen, denn sie zeigen einem allfälligen gleichnamigen Gegner in einer möglichen Ausmarchung in einer Playout-Serie, dass ein Sieg möglich ist. Egal, wie die Meisterschaft bis zu diesem Zeitpunkt gelaufen ist, und egal, in welcher mentalen Verfassung sich ein Gegner vor dieser Entscheidung präsentiert: Siege in der Qualifikation nähren die Hoffnung auf ein gute Ende und verleihen deshalb Energie.

Coach Therry Paterlini ortet denn auch ein mentales Problem in seiner Mannschaft: "Meine Spieler können in Partien, die sie gewinnen müssen, ihre gewohnte Leistung nicht abrufen." Dies gab er nach dem formidablen Sieg gegen den HC Lugano zu Protokoll, wo er auch gleich vor allzu grossen Erwartungen warnte: "Es ist schön, dass wir dem Publikum in Langnau auch mal ein solches Spiel zeigen konnten. Aber es ist unvermeidlich, dass auch wieder andere Spiele kommen."

Aber immerhin: die SCL Tigers sind in dieser Meisterschaft angekommen. Ein wenig Selbstvertrauen wird inzwischen in die Mannschaft und in die einzelnen Spieler zurückgekehrt sein. Wo der Weg hinführen wird, wissen wir allerdings noch nicht. Aber ein wenig Hoffnung ist berechtigt. Die Pre-Playoffs sind nicht sehr wahrscheinlich, aber auch nicht unmöglich. Und vielleicht finden auch wieder etwas mehr Zuschauer den Weg in die Ilfishalle. Gerade die Spiele gegen den HC Davos und den HC Lugano boten doch sehr gute Unterhaltung.