Frauen-Mannschaftssport im Aufwind:

Eine Chance für die SCL Tigers?

Gerade lauft die Frauen-Euro im Fussball. Etwas künstlich begünstigt, brechen dort gerade die Rekorde. Noch nie gab es so viele Zuschauer. Das wird auch Sponsoren interessieren. Und was im Fussball geht, sollte auch im Eishockey möglich sein. Mit Chancen für die SCL Tigers.

Blog • • von Bruno Wüthrich

Die SCL Tigers – das ist in erster Linie Männer-Eishockey. Daran soll sich nichts ändern. Das Bestreben muss es sein, weiterhin und auf lange Sicht hinaus in der obersten Liga mitspielen zu können und dort in absehbarer Zeit auch eine etwas bessere Rolle zu spielen, als dies aktuell der Fall ist.

Die Eishockey-Begeisterung im Emmental ist riesig. Zumindest bei den Fans erfasst diese auch die Frauen. Und zwar in einem nicht unerheblichen Mass. Der Vorstand des «Fanclub SCL Tigers» ist mehrheitlich durch Frauen besetzt. Der Verein wird durch einen Co-Präsidenten und eine Co-Präsidentin geführt. Auf den Zuschauerrängen sind bei den Heimspielen der SCL Tigers jeweils auch die Frauen sehr gut vertreten. Aber weshalb hat diese Begeisterung bei den Frauen nie zu einem Eishockey-Team geführt?

Die Fussball-Euro der Frauen zeigt geradezu beispielhaft, wie einfach es ist, Publikums-Interesse für den Frauensport zu generieren. Etwas Pressearbeit und gezieltes Marketing im Vorfeld, und schon purzeln die Publikumsrekorde. Und wie wir gerade vorgeführt bekommen, sind die meisten Spiele an dieser Frauen-Euro durchaus sehenswert. Zwar werden die Frauen niemals die Wucht hinter ihre Schüsse und in ihre Spielweise bekommen wie die Männer, und auch die Geschwindigkeit ist etwas niedriger. Aber technisch und taktisch sind inzwischen viele Frauschaften auf einem sehr guten Niveau angelangt. Ähnliches gilt auch für das Frauen-Eishockey.

Da drängt es sich doch geradezu auf, im Frauen-Eishockey Ähnliches zu versuchen, wie uns dies gerade eben bei der Frauen-Euro vorgeführt wird. Zumal unser staatstragendes Fernsehen SRF bezüglich Senderechte beim Männersport immer mehr in die Bredouille gerät. Da bieten sich doch der Frauen-Fussball und das Frauen-Eishockey geradezu als Ersatzmöglichkeiten an. Denn nachwievor gilt: Was im staatstragenden Fernsehen gesendet wird, gewinnt markant an Wichtigkeit.

Man stelle sich vor, der Hype um den Frauen-Fussball halte nach der Euro weiterhin an (was nicht weit hergeholt ist, denn nächstes Jahr findet die Frauen-WM statt). Und stellen wir uns weiter vor, die Löcher, die durch den Verlust der Senderechte beim Männersport entstanden sind, würden beim SRF immer mehr durch den Frauen-Sport gefüllt. Dann müsste sich dies doch auch beim Eishockey auswirken. Und dann wäre dies interessant für die Sponsoren. Denn wo sonst kommen diese noch so günstig zu einem nationalen Auftritt.

Das mit dem «günstig» würde jedoch wohl bald einmal eine Korrektur erfahren. Denn wo das Interesse wächst, steigen auch die Preise und damit die Einnahmen der Klubs. Und hier fängt es doch auch für eine Organisation wie die SCL Tigers an, interessant zu werden. Eigentlich brauchen die Langnauer zwingend auch ein NLA-Team bei den Frauen. So dass sie über den inzwischen viel beachteten Sender «MySports» bei den Männern und dereinst im SRF bei den Frauen landesweit präsent sind.

Es wird wohl noch eine Weile dauern, bis die nationale Meisterschaft des Frauen-Eishockey permanent und zu guten Zeiten im staatstragenden Fernsehen gezeigt wird. Aber genau hier liegt die Chance der SCL Tigers. Peter Jakob wird demnächst mit dem Bau des zweiten Eisfeldes beginnen. Spätestens dann wird es höchste Zeit, auch in Langnau ein Frauen-Team zu gründen und dies zu fördern. Mit Brandis ist in der Region bereits ein Frauen-Team vorhanden, welches recht erfolgreich in der NLB engagiert ist. Mittels einer guten Zusammenarbeit mit Brandis wäre innerhalb nützlicher Frist NLA-Frauen-Eishockey in Langnau möglich. Mit der zu erwartenden TV-Präsenz wäre das Frauen-Team trotz der Kosten rentabel zu betreiben. Der Eishockey-Standort Langnau würde aufgewertet. Mit einem nicht zu unterschätzenden Zusatznutzen auch für die Männer.

Etwas zu den Kosten: Die Frauen betreiben ihre Sportart (das Eishockey) selbst auf höchster Stufe noch weitgehend auf eigene Kosten. Sie bezahlen Teile ihres Materials selber und leisten Mitgliederbeiträge. Der Trainigs-Aufwand ist beträchtlich und erlaubt eigentlich kein Vollzeitpensum im Sport. Aber Einkommensausfälle wegen des Sports werden keine ausgerichtet. Hier läuft also derzeit noch etwas falsch. Diese Fakten gelten sogar für den aktuellen Schweizer Meister bei den Frauen, die ZSC Lions, bei denen die Mitglieder des national erfolgreichen Frauen-Teams noch nicht einmal freien Eintritt für die Spiele bei den Männern geniessen. Dass es unter diesen Voraussetzungen schwierig ist, das volle Potential abzurufen, versteht sich von selbst. In dieser Hinsicht muss bald einmal Abhilfe geschaffen werden. In den obersten beiden Ligen ist das Halbprofitum einzuführen. Einkommensausfälle müssen voll kompensiert werden. In der obersten Liga darf es auch noch etwas mehr sein. Equal-Pay, wie im Vorfeld der Euro für den Frauensport gefordert, ist jedoch blanker Unsinn.

Derzeit sind aber im Frauen-Eishockey selbst auf höchster Stufe noch kaum Gehälter zu bezahlen. Die hauptsächlichen Kosten dürften deshalb bei der Eismiete und beim Staff anfallen. Aber da könnte der Verband helfen.

Wichtig dabei: Der Verband (SIHV) ist durch die Abspaltung der National League und der Swiss League in die Bredouille geraten. Der SIHV ist sozusagen in einer Identitätskrise. Man fragt sich, für was denn der Verband, ausser gerade im Amateur-Sport, noch zuständig sein soll. Die Abspaltung der beiden obersten Ligen im Männer-Eishockey hinterlässt eine riesige Lücke. Gerade auch bei der Vermarktung.

Da scheint es doch logisch, dass es nicht lange dauern wird, bis das Frauen-Eishockey diese Lücke füllen wird. Denn hier steckt viel Potential drin. Mit Kathrin Lehmann hat gerade die erste Frau im obersten Gremium des SIHV Einsitz genommen. Unbestritten hat auch eine Frau die Kompetenz, das Männer-Eishockey voranzubringen. Trotzdem ist zu vermuten, dass man Kathrin Lehmann vor allem deswegen in das oberste Gremium des SIHV berufen hat, weil künftig das Frauen-Eishockey gefördert werden soll. Möglicherweise werden dafür auf Klub-Ebene auch Verbandsgelder eingesetzt. Das wird davon abhängen, wie der Verband diese Sportart vermarkten kann.

An den Medien sollte es nicht liegen. Sowohl das Fernsehen wie auch die Print- und Online-Medien sind voll auf den Zug «Frauen-Teamsport» aufgesprungen. Die Schweiz hat sowohl im Fussball (wie wir an der Euro gerade gesehen haben) und im Eishockey noch etwas aufzuholen, ist aber immerhin so nahe daran, dass ein Aufholen möglich ist. Doch dafür braucht es Anstrengungen.

International gute Resultate sind die Voraussetzung für eine auch national erfolgreiche Vermarktung. International gute Resultate erfordern aber in erster Linie erstklassige Aufbauarbeit bei den Klubs. Auch im Nachwuchsbereich. Da kann eine eishockey-begeisterte Region wie das Emmental mithelfen. Denn wo sonst steht eine Region derart bedingungslos hinter ihrem Klub und ihrer Sportart wie gerade bei uns. Dieser Umstand müsste sich auch bei den Frauen ausnützen lassen.

Ein weiteres Zuwarten mit der Gründung eines Frauen-Teams unter der Flagge der SCL Tigers wäre eine Unterlassungs-Sünde.