Die SCL Tigers gehen unter die Haut:

Favorit Lausanne wackelt!

Die SCL Tigers befinden sich nach Spiel 4 in der Serie um den Einzug in den Play Off – Halbfinal in einer sehr guten Position. Favorit Lausanne ist nervös geworden. Es ist ein Unterschied, ob eine Mannschaft etwas zu verlieren oder etwas zu gewinnen hat.

Blog • • von Bruno Wüthrich

So kann es aussehen, wenn Langnau jubelt. Die Fotografin Susanne Bärtschi möge mir verzeihen, dass ich gerade dieses Bild ausgesucht habe.

 

Zugegeben, die Stimmung vor Spiel vier, dem zweiten Heimspiel dieser Play Off – Viertelfinalserie war nicht ganz vergleichbar mit jener aus Spiel 2, dem ersten Heimspiel in der „emmental versicherung arena“. An was dies gelegen ist, entzieht sich leider meiner Kenntnis. Die tolle Animation hat einfach diesmal nicht gleich gegriffen wie vier Tage zuvor. Das Gezeigte auf dem Eisfeld war danach im ersten Drittel ebenfalls vergleichsweise mau. Vergleichbar mit einer normalen Partie während der Qualifikation.

Im Mitteldrittel, spätestens aber nach dem Langnauer Führungstreffer durch Dario Rohrbach, vollzogen per Direktabnahme, änderte sich die Szenerie sowohl auf dem Eisfeld wie auf den Rängen. Von nun an war etwas los. Es ging die Post ab. Zeitweise war man auf den Rängen noch am Verarbeiten der brenzligen Situation vor dem einen Tor, als es bereits wieder auf der anderen Seite brannte. Es war ein Hin und Her, ein Auf und Ab, ein Hoch und Tief, und zwar nicht nur auf dem Eisfeld, sondern auch in der Gefühlswelt der Zuschauenden. Diese Partie beinhaltete wiederum alles, was diese Sportart so attraktiv macht. Gerade solche Partien machen klar, weshalb es sich lohnt, sie im Stadion, also vor Ort, und nicht nur am Fernseher mitzuerleben. Dieses Feeling, das eine solche Partie auslösen kann, erlebt man in dieser Intensität nur im Stadion. Die „emmental versicherung arena“ ist dafür geradezu prädestiniert.

21:41 lautete die Schussstatistik. Der Berichterstatter verzichtet auf das beliebte Wort „zugunsten“. Die Lausanner haben einfach 20 Mal öfters auf den Kasten von Luca Boltshauser geschossen als die Langnauer auf das Gehäuse von Lausannes Kévin Pasche. Kaufen können sich die Waadtländer davon rein gar nichts, deshalb ist es auch kein „zugunsten“. Denn wenn etwas „zugunsten“ von jemandem ist, dann hat dieser Jemand etwas davon. Lausanne hat aber das Spiel verloren. Und die Langnauer haben den Sieg nicht gestohlen, sondern ihn sich verdient. Denn wieder konnten sie sich auf ihre ausgezeichnete Defensive und erneut auf den starken Luca Boltshauser im Tor verlassen. Erneut hat weist er eine überragende Savequote (95,43%) aus. Das sind die Quoten, mit denen man Spiele gewinnt.

Mittlerweile agieren die SCL Tigers im Stile von grossen Mannschaften mit sehr viel Selbstvertrauen. Das war vor wenigen Jahren noch völlig anders und ist deshalb ein eindrückliches Zeichen in der Entwicklung dieser Mannschaft. Wer, wie bei Spiel 2 dieser Serie, nach dem Ausgleich 11 Sekunden vor Schluss der Partie danach die Verlängerung gewinnt, obwohl das Momentum total auf der Seite des Gegners liegt, oder wer, wie bei Spiel 4, nach dem Anschlusstreffer der gegnerischen Mannschaft gleich wieder die alte Differenz herstellt, der lässt sich schlicht und ergreifend von den Geschehnissen nicht aus der Ruhe bringen. Weil er – oder besser gesagt die Mannschaft – an sich glaubt.

Mit diesem zweiten Sieg haben sich die SCL Tigers im Minimum ein weiteres Heimspiel gesichert. Doch davon wollte Julian Schmutz im Interview mit Radio Neo1 nichts wissen: „Zuhause sind wir gut. Wir werden von Drittel zu Drittel besser. Jetzt müssen wir es nur noch auswärts hinkriegen.“ Julian Schmutz denkt auch, dass er und seine Mannschaft frischer sind als der Gegner. Auch wies er darauf hin, dass seine Mannschaft extrem hungrig sei, aber nichts zu verlieren habe. Und dann sagte er noch: „Ja, und jetzt gehen wir am Freitag nach Lausanne und am Sonntag machen wir den Sack zu.“

Das ist eben Selbstvertrauen. Und genau so muss es sein. Solche Serien gewinnt man nicht mit Bescheidenheit. Sondern nur mit der inneren Überzeugung, dass das, wofür man kämpft, möglich ist. Dem Glauben an die eigenen Fähigkeiten.

Die SCL Tigers gehen den favorisierten Lausannern unter die Haut. In der Qualifikation verloren sie vier Mal gegen diesen Gegner. Aber dies spielt in den Play Offs keine Rolle. Wer, wie viele Experten, von einer eindeutigen Sache, einer leichten Serie für Lausanne, allenfalls einem Aufwärmen für grössere Aufgaben ausging, sieht sich getäuscht. Der Favorit ist nervös. Er wackelt.

Dies ist umso bemerkenswerter, weil es sich beim HC Lausanne nicht einfach um einen Haufen arroganter Stars handelt. Lausanne Coach Geoff Ward ist es gelungen, eine Mannschaft zu formen, in welcher ebenfalls jeder für jeden geht. Ähnlich, wie dies bei den SCL Tigers der Fall ist. Vielleicht macht eben in einer Serie, die zumindest für den Favoriten wohl deutlich enger ist als erwartet, dann halt den Unterschied, dass die einen etwas zu gewinnen, die anderen aber etwas zu verlieren haben.

Es ist ein Unterschied, ob von einer Mannschaft der Titel erwartet wird, oder ob eine Mannschaft antreten kann, um einfach so weit wie möglich zu kommen. Ach ja, so weit wie möglich kann am Ende auch den Titel bedeuten (nur so nebenbei).

Der Tiger ist nahe dran. Beisst er endgültig zu?