Wegen den Impfskeptikern:

Fliegt den SCL Tigers ihre Genügsamkeit um die Ohren?

4'280 Zuschauer wollten das Spiel der SCL Tigers gegen die Rapperswil-Jona Lakers sehen. Dies drei Tage nach dem grandiosen 8:2 - Triumpf gegen den übermächtigen HC Ajoie. Die Zuschauer-Erosion in Langnau geht weiter. Und das liegt nicht allein an den Impfskeptikern.

Blog • • von Bruno Wüthrich

Eigentlich war alles angerichtet. Es ging bereits um das dritte Aufeinandertreffen der SCL Tigers und der Lakers aus Rapperswil-Jona. Die beiden ersten Begegnungen gewannen jeweils die Seebuben nur ganz knapp. Nun war nach dem 8:2 - Erfolg der Langnauer von der Runde davor gegen den HC Ajoie die Hoffnung gross, dass es diesmal klappen könnte mit einem Sieg gegen diesen Gegner. Die Aussichten auf einen neuerlichen Erfolg der Emmentaler waren also durchaus vorhanden. Aber die Zuschauerränge in der Ilfishalle wiesen grosse Lücken auf. Irgendwie rocken die SCL Tigers in dieser Saison nicht. Wenn das so weitergeht, fehlen den Tigern am Ende der Saison allein wegen der entgangenen Zuschauereinnahmen gegen 1,5 Millionen Franken.

Doch woran liegt das? Liegt es am Trainer? Oder an den Spielern? Daran scheiden sich die Geister. Darum geht es mir hier auch nicht. Doch nur so als völlig wertfreie Information (kein Witz !!!): Arno Del Curto hat sich heute nach dem schnellsten Weg aus dem Oberaargau nach Langnau erkundigt.

Doch daran, dass die Langnauer Eishockeyaner in der obersten Spielklasse wesentlich häufiger verlieren als gewinnen, müssten sich die ebenso eingefleischten wie treuen Fans eigentlich gewohnt sein. Das häufige Verlieren und sich in den hintersten Tabellenrängen zu tummeln, liegt sozusagen in der DNA der Emmentaler. Sollte man eigentlich meinen. Zumindest bis zum Ausbruch der Pandemie spielten Niederlagen und schlechte Klassierungen jeweils kaum eine Rolle. Solidarität war angesagt. Schliesslich ging es trotzdem um etwas. Man wollte ja die Klasse halten.

Nun - darum, die Klasse zu halten, geht es in dieser Saison nicht. Sportlich besteht also keinerlei Gefahr. Der Abstieg ist wegen der Pandemie noch einmal ausgesetzt. Zudem gibt es ja da noch den HC Ajoie, den man ja wohl gerade noch wird in Schach halten können. Der in der letzten Saison erreichte 12. Tabellenrang sollte also souverän verteidigt werden können.

Aber eben - diese sportlich völlige Gefahrenfreiheit gepaart mit Leistungen wie derjenigen in der Partie vom Dienstag gegen die Lakers machen die SCL Tigers selbst für einen gewissen Teil ihrer sonst treuen Anhängerschaft nicht mehr sexy genug. Vor allem diejenigen, welche sich a) nicht impfen liessen, und für die b) die Kosten für die ständigen Tests zu teuer sind, fehlen nun an den Spielen. Betrachtet man die Zuschauereinbussen in der ganzen National League, so trifft es die SCL Tigers sogar überdurchschnittlich. Mit andern Worten: Der Klub, der am meisten auf die Treue seiner Fans angewiesen ist, bekommt die Pandemie mehr als andere zu spüren.

Das Emmental ist eine Hochburg von Sekten und Glaubensgemeinschaften. Dagegen ist nichts einzuwenden. Aber es scheint auch eine Hochburg der Verschwörungstheoretiker zu sein. Und plötzlich - mehr oder weniger aus heiterem Himmel - scheint im Emmental die Regierung unserer Eidgenossenschaft nicht mehr vertrauenswürdig. Man scheint lieber ein paar Youtubern und Esotherikern zu glauben. Sich nicht impfen zu lassen, ist inzwischen längst mehr als einfach nur Angst vor der Spritze. Jetzt geht es ums Rechthaben. Das hat Priorität. Sogar vor den SCL Tigers.

Diese wiederum liefern derzeit kaum Argumente dafür, an diesem Umstand etwas zu ändern. Was verpasst man denn schon, wenn man zuhause bleibt? Plötzlich merkt man, dass man auch ganz gut ohne die ständigen Niederlagen leben kann. Dass es einen sogar etwas weniger runterzieht, wenn man nicht ständig live dabei ist. Jahrelang hatte man mit der Strategie der Genügsamkeit Erfolg. Diese Zeiten scheinen zumindest unterbrochen. Vielleicht sind sie ganz vorbei.

Denn immerhin: Mit den Kosten für die ständigen Tests wird das Hobby SCL Tigers mit der Zeit ganz schön teuer. Und das in einer der einkommensschwächsten Gegenden der Schweiz.

Doch wer weiss: Vielleicht dämmert es ja am Horizont. Vielleicht geht in Langnau bald die Sonne auf. Vielleicht geht ja Arno Del Curto bei seiner Fahrt nach Langnau auch an der Güterstrasse vorbei.

Wer sind eigentlich diese Ungeimpften und Massnahmen-Skeptiker

Es ist eine Sichtweise. Meine Sichtweise. Ich kann mich irren. So viel vorweg. Aber ich mache eine Unterscheidung. Jemand, der/die ungeimpft ist, sich also (ev. noch) nicht hat impfen lassen, ist deswegen noch lange kein/e Massnahmenkritiker/in. Möglicheweise ist dies einfach eine Person, die Angst vor dem Piks hat oder vor der Substanz, die da gespritzt wird. Angst ist ein starkes Argument. Weil es kaum zu widerlegen ist. Angst ist oft nicht rational, sondern sehr stark emotional. Und Angst ist oft dazu da, unser Überleben zu sichern. Oft spielt uns die Angst auch einen Streich. So oder so ist aber der Entscheid von jemandem, der/die Angst hat, zu respektieren. Zumal die Angst durch Druck oftmals noch verstärkt wird. Mehr Druck erzeugt noch mehr Angst. Menschen, die einfach nur Angst haben, sind oft leise. Sie hängen den Umstand, dass sie sich bisher nicht haben impfen lassen, nicht an die grosse Glocke. Sie versuchen auch nicht, irgendjemand davon abzuhalten, sich impfen zu lassen.

Schwierig wird es mit allen anderen. Gemeint sind die Lauten. Die Argumentierer. Diejenigen, die einem ungefragt die Meinung geigen und danach die Diskussion verweigern. Diejenigen, die falsche Zahlen verbreiten, um die Ängste derjenigen, die sowieso schon Angst haben, noch weiter zu schüren. Diejenigen, die nicht davor zurückschrecken, Impf-Anreize zu sabbotieren (was schon fast an Terrorismus grenzt), oder die einen solchen Frevel geil finden. Diejenigen also, denen es nicht nur darum geht, sich nicht impfen zu lassen, sondern darum, auch andere von der Impfung abzuhalten. Viele von ihnen sind nicht nur Impf-Gegnerinnen, sondern auch Massnahmen-Kritiker. Diejenigen, die laut nach Freiheit rufen, denen es aber völlig egal ist, dass sie mit der Freiheit, die sie für sich beanspruchen, die Freiheit anderer tangieren. Denen es völlig gleichgültig ist, dass ihr Entscheid, sich nicht impfen zu lassen, auch Folgen für andere haben kann, die eventuell geimpft sind (Lockdown, Masken tragen, während der Entscheid, sich impfen zu lassen, für niemand anderes eine Konsequenz hat). Mehr noch: Die ausgerechnet Solidarität von denjenigen verlangen, denen sie mit allen Mitteln die Solidarität verweigern.