Die Massnahmen des Hooligankonkordates zielen meilenweit am Ziel vorbei

Konkordat muss sich gegen Täter richten

Anreisevorschriften, Alkoholverbot, Kontrollen der Identität und sogar im Intimbereich. Damit wollen die Behörden künftig gegen Krawallbrüder und Pyromanen vorgehen. Dass der normale Fan und Sportkonsument nicht mit allem einverstanden sein kann, versteht sich von selbst.

Blog • • von Bruno Wüthrich

Rasen mit dem Motorrad oder mit dem Auto, egal ob in der Tempo 30 – Zone oder auf der Autobahn, ist seit kurzem kein Kavaliersdelikt mehr, sondern wird streng bestraft. Es kann sogar, und wird dies wohl des Öftern auch, im Gefängnis enden. Wie gross die Wirkung dieser doch massiv verschärften Bestrafung im Strassenverkehr sein wird, und ob dieses Mittel geeignet ist, unsere Strassen sicherer zu machen, wird sich weisen müssen. Das Sympathische an dieser Massnahme ist aber, dass sie sich gegen diejenigen richtet, die sich bis dato einen Deut um die Gesetze geschert haben, und auf unsern Strassen gefahren sind, als gäbe es keine. Die Gesetzgeber haben - zum Glück - darauf verzichtet, beispielsweise alle Autos auf Tempo 120 zu plombieren, damit ein zu schnelles Fahren gar nicht mehr möglich ist. Die Bürger und Autofahrer tragen immer noch selbst die Verantwortung und die Konsequenzen für ihr Tun. Letztere sind aber deutlich drastischer geworden. Trotz strengerer Bestrafung bleiben Auto- und Motorradfahrer/innen mündig.

 

Das Hooligankonkordat geht anders vor. Die Massnahmen ähneln hier denjenigen einer Plombierung der Autos in Strassenverkehr. Damit Einzelne nicht mehr tun können, was sie wollen, sollen die Freiheiten und Rechte aller beschnitten werden. So geht es wirklich nicht! Wir müssen auch hier die Täter treffen. Und zwar empfindlich!

 

Stellen wir uns vor, A, Lehrling bei der Firma Z, und B, Leiter Verkauf Innendienst bei der Firma Y lassen sich erwischen. A beim Entfachen von Pyros im Stadion und B als Akteur bei Ausschreitungen vor dem Stadion. Beide werden festgenommen, und mindestens bis zur Beendigung des nächsten Arbeitstages inhaftiert. Ihre Arbeitgeber werden offiziell informiert, damit Chefs und Mitarbeiter wissen, weshalb die beiden nicht zur Arbeit kommen. Gehen wir davon aus, dass A ein guter Lehrling, und B ein guter Verkaufsleiter Innendienst ist. Ihre Chefs werden den Beiden zweifellos nicht gleich bei der ersten Verfehlung dieser Art die Anstellung bzw. die Lehrstelle künden. Aber A und B werden verwarnt, zudem wird der Fehltag von ihrem Ferienkonto abgebucht. Wie oft wohl werden sich A und B dem Risiko, ein weiteres Mal erwischt zu werden und allenfalls deswegen sogar ihre Stelle zu verlieren, noch aussetzen? Mal abgesehen von der saftigen Busse, die da ebenfalls noch zu berappen ist.

 

Ach ja, da ist ja noch C. Er ist arbeitslos und von der Fürsorge abhängig. Was kümmert es denn den C, ob er einen oder zwei Tage inhaftiert wird. Es kümmert ihn, wenn die Behörden davon erfahren, und ihm deswegen die Bezugstage gekürzt werden. Ein saftige Busse hat auch er zu entrichten, die er zudem absitzen muss, wenn er nicht bezahlen kann.

 

Ob solche Massnahmen überhaupt möglich sind, entzieht sich den Kenntnissen des Schreibenden. Es soll damit lediglich aufgezeigt werden, was gemeint ist, wenn wir sagen, die Massnahmen sollen sich gegen die Täter, und nicht gegen die Allgemeinheit richten.

 

Es scheint jedoch so zu sein, dass die Gesetzgebung solche Vorgehen nicht erlaubt. Von Datenschutz und Menschenrechten ist oft die Rede. Schön und gut, da sind wir alle auch dafür. Und inzwischen wissen die meisten von uns auch, dass wir nicht einfach isoliert Gesetze ändern können. Denn solche Änderungen haben häufig viel weiter reichende Auswirkungen als gewünscht. Solche Gesetzesänderungen müssen deshalb gut durchdacht werden, denn sonst sind wir plötzlich wieder da, wo wir nicht hin wollen: Nämlich bei Konsequenzen für alle, nur um ein paar Idioten daran zu hindern, dass sie tun, was wir alle nicht wollen.

 

Aber genau daran, dass dies nicht geschieht, müssen die Damen und Herren Politiker und Sicherheitsfachleute arbeiten. Es ist ihre Aufgabe, dafür zu sorgen, dass Pyromanen, Krawallbrüder und Schläger nicht aktiv werden können, ohne dass unter den getroffenen Massnahmen die Allgemeinheit leiden muss. Deshalb müssen sie bei den Tätern ansetzen, und nicht bei der Allgemeinheit. Das Hooligankonkordat tut genau das Falsche, wenn die Matchbesucher gezwungen werden, auf eine definierte Weise zu einem Spiel anreisen zu müssen. Es ist der falsche Weg, dem normalen Sportkonsument sein Bier verbieten zu wollen. Wir Fans, Sportkonsumenten und Matchbesucher – wir alle wollen Fun und Sicherheit. Wir bezahlen für beides, und lassen uns dabei nichts zu schulden kommen. Wir wollen nicht dafür büssen müssen, was andere anrichten, oder was sie anzurichten im Sinn haben.

 

Dabei ist es mir persönlich – und jetzt spreche ich nur für mich - egal, ob ich am Eingang meine Identitätskarte vorweisen muss. Und es ist mir egal, ob eine Person, die schon mal Pyros in ein Stadion geschmuggelt hat, oder die sich ständig frischfröhlich im Umfeld von tätigen Pyromanen aufhält, sich künftig im Intimbereich betasten lassen muss, um Schmuggeleien zu verhindern. Aber bitteschön nur bei begründetem und konkretem Verdacht. Denn es ist wirklich eine extrem stossende Vorstellung, dass sich da allenfalls völlig unbescholtene Personen einer derartigen Prozedur unterziehen müssen!