Die Niederlage in Langenthal mit dem Prädikat «heilsam»

Meisterschaften werden im Frühjahr entschieden

Die Niederlage der SCL Tigers beim Kantonsrivalen Langenthal war ärgerlich. Doch der Entwicklung der Mannschaft tut sie gut. Denn spazieren die Tiger durch die Qualifikation, so scheitern sie im Frühjahr grandios!

Blog • • von Bruno Wüthrich

5:0 – Sieg beim HC Ajoie in einem Spiel, bei dem hinterher mit Fug und Recht behauptet werden konnte, dass es auch ganz anders hätte laufen können, und ein glanzloser, wenn auch ungefährdeter Sieg über den limitierten HC Thurgau – nun wurden die SCL Tigers trotz ihrer klar besten Saisonleistung vom SC Langenthal auf den Boden der Realität zurück geholt. Klar ist, dass auch dieses Spiel hätte anders laufen können. Nach dem ersten Drittel hätte ein 5:2 für die Emmentaler den gezeigten Leistungen eher entsprochen.

 

Wow – was für eine Dominanz! In den ersten 10 Minuten kam der SC Langenthal kaum über die Mittellinie hinaus. Die Langnauer erzeugten enormen Druck, kombinierten gefällig, liessen die Gastgeber kaum zum Atmen kommen, und sie begeisterten ihren zahlreich nach Langenthal gereisten Anhang. Rund 1'000 Tiger-Fans sollen Einlass in die altehrwürdige Schorenhalle gefunden haben, schätzte Langenthals Geschäftsführer Gian Kämpf. Er hätte sich wohl bei einer klaren Niederlage gegen die Tiger trotz des Overtime-Sieges gegen den Erzrivalen Olten im Startspiel bereits Gedanken gemacht. Denn auch Langenthal hat Ziele und Ansprüche. Zwei Punkte aus drei Spielen wären nicht genug gewesen. Aber «seine» Langenthaler zeigten eine äusserst engagierte und defensiv sehr disziplinierte Leistung und hatten zudem mit Marc Eichmann einen Torhüter, der bestens aufgelegt war. Und wenn Marc Eichmann bestens aufgelegt ist, ist er kaum zu bezwingen. Dies erfuhr im Frühjahr 2012 auch der HC Lausanne. Die Waadtländer verloren die Playoff-Finalserie gegen die Oberaargauer mit 2:4 Siegen und mussten ihre Aufstiegsbemühungen um ein Jahr verschieben. Weil sich Langenthals Topscorer Jeff Campbell 30 Sekunden vor Schluss des letzten Finalspiels noch so schwer verletzte, dass er für die Ligaqualifikation ausfiel, konnte danach Gegner Ambri die Liga halten. Marc Eichmann war in dieser Serie in überragender Form. Eichmann in Normalform, und der der HC Lausanne wäre wohl bereits 2012 NLB-Meister geworden und danach aufgestiegen. Ambri wäre jetzt in der NLB und die SCL Tigers noch in der NLA. Sie haben recht, liebe Leserin, lieber Leser. Das ist reine Spekulation. Zudem zu einem Zeitpunkt, wo alles schon gelaufen ist. Aber es erklärt, wie gut Eichmann ist, wenn er gut drauf ist. Zum Glück für die Gegner ist er nicht immer so gut drauf!

 

Dass die Langenthaler bei der Verwertung ihrer Torchancen gestern um einiges effektiver waren als die Emmentaler, ist ein weiterer Grund dafür, weshalb sie als Sieger aus diesem Duell hervor gegangen sind. Den Sieg hat der «kleine» SCL nämlich nicht gestohlen. Dieser Sieg wurde mit einer taktisch einwandfreien und äusserst disziplinierten Leistung aufopferungsvoll erkämpft. Dass da auch Glück dabei war, verschweigen wir nicht. Aber 1.) hatten die Tiger beim Pfostenschuss von Brent Kelly in der 17. Minute ebenfalls Glück, und 2.) war beim Sieg der Langnauer in Ajoie mehr Glück dabei als beim Erfolg der Langenthaler gestern.

 

Weshalb die SCL Tigers verloren haben

Eine Analyse kann immer von mehreren Seiten gemacht werden. Oben haben wir gesehen, weshalb der SC Langenthal gewonnen hat. Auf etwas andere Ergebnisse kommen wir, wenn wir betrachten, weshalb die SCL Tigers verloren haben. Die beiden Startsiege, - einer mit Glück und der andere glanzlos, - haben vielen im Umfeld und bei den Fans bereits etwas die Sinne vernebelt. Ein Klasseteam gewinnt eben auch, wenn es noch nicht in Form ist. Das haben wir ja selbst in den letzten Jahren zur Genüge erlebt. Wie oft haben die SCL Tigers in der NLA ein Spiel mehrheitlich dominiert und dann trotzdem verloren? Dies einfach deshalb, weil der Gegner Spieler in seinen Reihen hatte, die in solchen Spielen die wenigen Chancen, die sich ihnen bieten, verwerten. Die Partie der Langnauer in Pruntrut war genau eine solche Partie, einfach mit umgekehrten Vorzeichen. Ajoie hatte Chancen am Laufmeter. aber weil alles schnell gehen musste, verstolperten oder verhaspelten sie diese oder scheiterten an Remo Giovannini, der zumindest an diesem Abend so gut war wie der Langenthaler Marc Eichmann in seinen besten Tagen. Vor allem aber verwerteten die Tiger ihre Torchancen in der Art einer Klassemannschaft. Doch dies sind sie noch längst nicht, wie das Spiel in Langenthal bewies. Denn diesmal waren die Zeichen wieder genau umgekehrt. Wie frührer bei zahlreichen Matches in der NLA. Die Langnauer waren dominant und kreierten sich zahlreiche Chancen, die Tore aber buchte der Gegner.

 

Zwei offensichtliche Mängel

Dabei wurden vor allem zwei Mängel offensichtlich: 1.) Die SCL Tigers spielen defensiv zu sorglos. Am besten war dies zu erkennen beim Heimspiel gegen den HC Thurgau, in welchem die Platzherren zwar dominierten, aber dabei in zahlreiche Konter hinein liefen. Thurgau mit seinen limitierten spielerischen Mitteln konnte diese Konter zum Glück nicht nutzen. Denn sonst hätten die vier erzielten Treffer der Langnauer nicht zum Sieg gereicht. Im gestrigen Spiel war die defensive Leistung zwar besser, aber ab Mitte des ersten Drittels schlichen sich zunehmend Abspielfehler ein. Langenthal hatte auch deswegen Chancen für mehr als «nur» drei Tore. 2.) Die Langnauer sind zu verspielt. Wie sagte doch Coach Tomas Tamfal nach dem Spiel richtigerweise: «Meine Spieler wollten schön spielen, aber sie waren nicht effektiv. Schön spielen kannst du, wenn du mit fünf oder sechs Toren in Führung liegst. Vorher musst du einfach und effektiv spielen.»

 

Die SCL Tigers spielten in Langenthal so, wie eine Mannschaft, die davon ausgeht, dass sie sowieso gewinnt. Und genau hier liegt die Lehre aus dieser Niederlage. In der NLB gibt es mindestens fünf Teams, gegen welche die Tiger nicht «sowieso» gewinnen, sondern gegen welche sie verlieren, wenn sie nicht effektiv spielen.

 

Noch nicht in Form

Das Team von Tomas Tamfal ist derzeit noch weit von seiner Bestform entfernt. «Wir müssen ständig lernen und uns ständig verbessern,» stellt Tamfal fest und fügt hinzu: «Wir sind in einem ständigen Lernprozess.» Werner Haller, ein Eishockey- und SCL Tigers – Kenner mit langjähriger Erfahrung meinte nach dem gestrigen Spiel, dass gewisse Leute noch nicht begriffen hätten, dass man in der NLB nicht «schöggele» könne. «Ich glaube,» meinte Haller, «die lernen es auch nicht mehr.»

 

Der Schreibende ist da weniger pessimistisch. Die Saison ist lang. Meisterschaften werden im Frühjahr entschieden. Und so hat auch die Formplanung von Tomas Tamfal zu sein. Die SCL Tigers müssen zum jetzigen Zeitpunkt fleissig punkten und ihr Publikum gut unterhalten. Letzteres haben sie gestern trotz Niederlage getan. Aber ihre Bestform müssen sie im Frühjahr erreichen. Dann, wenn die Meisterschaft entschieden wird. Dass die Tiger die Playoffs sicher erreichen, daran zweifelt niemand. Apropos Niederlagen im Herbst: Der HC Lausanne verlor in der letzten Saison sein Auftaktspiel bei den EHC Basel Sharks gleich mit 1:7. Ein Schock! Die Sharks kamen danach nicht mal in die Playoffs. Die Geschichte von Lausanne kennen wir.

 

Aber eines ist klar: Die SCL Tigers müssen lernen. Sie müssen sich die Erkenntnis verinnerlichen, dass sie mit «schöggele» die Meisterschaft auch in der NLB nie und nimmer gewinnen werden. Insofern ist diese Niederlage in Langenthal ein heilsamer «Lehrblätz» auf dem Weg zur Bestform im Frühjahr.