Darauf könnte man aufbauen:

SCL Tigers am Scheideweg?

Sportchef Marc Eichmann hatte ein unglaubliches Händchen bei der Rekrutierung des ausländischen Personals. Und zudem viel Glück mit der Verpflichtung von Robert Mayer. Er hat damit die Zutaten für eine deutlich erfolgreichere Zukunft. Aber das wird kosten.

Blog • • von Bruno Wüthrich

Harri Pesonen wäre mit seiner Punkteausbeute (8 Tore, 8 Assists, 16 Punkte) in zehn der 13 Klubs der National League der Topskorer. In Biel und in Davos wäre er die Nummer zwei. Aber in Langnau stehen ihm gleich zwei Teamkollegen vor der Sonne. Jesper Olofsson ist mit 12 Toren, 11 Assists und 23 Punkten sogar Liga-Topskorer. Und Alexandre Grenier folgt mit 19 Punkten (5 Tore, 14 Assists) auf dem zweiten Rang. Zudem verfügen die SCL Tigers mit Robert Mayer und Ivars Punnenovs über ein Top-Torhüter-Duo. Deshalb ist es zu verkraften, dass Punnenovs seiner Bestform aktuell etwas hinterherhinkt. Eventuell macht ihm die ungewohnte Konkurrenzsituation etwas zu schaffen.

Erfreulich ist, dass zuletzt auch das Team als Ganzes Fortschritte gemacht hat. Denn es hatte sich zuvor gezeigt, dass es einige wenige Top-Akteure allein es nicht richten können. Die zwei jüngsten Erfolge gegen den HC Ajoie und auswärts in Lausanne wären ohne deutliche Steigerung nicht möglich geworden. Wobei wir natürlich auch Aleksi Saarela und Anthony Huguenin – letzterer trotz einiger defensiver Aussetzer – zum Top-Personal zählen dürfen. Huguenin ist mit seinen 14 Skorerpunkten (2 Tore, 12 Assists) in der nationalen Skorerliste auf Rang 15 positioniert und damit produktivster Verteidiger mit Schweizer Pass der National League. Lediglich Servettes Henrik Tömmernes (SWE, Rang 10), Zugs Niklas Hansson (SWE, Rang 11) und Biels Alexander Yakovenko (KAZ, Rang 14) sind als Verteidiger noch vor Huguenin platziert.

Tolle Ausgangslage, aber es wird nicht einfach

Für Marc Eichmann bedeutet dies natürlich eine tolle Ausgangslage. Denn er hat jetzt die Ingredienzien für den Aufbau einer längerfristig erfolgreichen Zukunft «seiner» SCL Tigers. Doch die tollen Leistungen seines Top-Personals bleiben natürlich bei der Konkurrenz nicht unentdeckt. Vermutlich sind die Agenten bereits am Weibeln.

Eigentlich bräuchten die Langnauer nun lediglich jedes Jahr einige wenige Ergänzungen im Kader, um sich vorerst Richtung Mittelfeld und schliesslich in Richtung Spitze der National League zu bewegen. Gerade mit der Aussicht auf das zweite Eisfeld werden die Langnauer für junge, hoffnungsvolle Spieler attraktiv. Wenn diese dann gleich noch in eine Mannschaft kommen, die öfters gewinnt als verliert, ist dies natürlich doppelt attraktiv. Das «Nachrüsten» dürfte also nicht allzu teuer werden.

Aber kostspielig wird es, die Top-Cracks in Langnau zu halten. Da wird man wohl um einige saftige Lohnerhöhungen nicht herum kommen. Immerhin sind Jesper Olofsson (29) und Alexandre Grenier (30) im besten Hockeyalter und Aleksi Saarela (24) hat sogar noch fast seine ganze Zukunft vor sich. Einzig Harri Pesonen ist mit seinen 33 Jahren bereits etwas älter. Aber auch er kann noch einige Jahre erfolgreich Eishockey spielen. Auch Anthony Huguenin ist erst 29 Jahre alt.

In Langnau könnte man sich die Überlegung machen, ob sich allenfalls ein Spagat zwischen einem Ausbildungs-Team und einer deutlich erfolgreicheren Mannschaft als bis anhin lohnen könnte. Bisher beschränkte man sich darauf, ein reines Ausbildungs-Team zu sein. Die gelegentliche Qualifikation für die Playoffs wird in Langnau bereits wie ein Grosserfolg gefeiert. Was natürlich richtig ist. Sexy ist dies jedoch nur für die lokale Bevölkerung und für lokale Sponsoren. Wirklich potente, nationale Sponsoren werden dadurch nicht angelockt. Ein Sponsoring in Bern oder Zürich kostet ungefähr das vierfache dessen, was man in Langnau dafür bezahlen muss.

Eine Orientierung nach vorne könnte sich also langfristig für die SCL Tigers auszahlen. Sicher ist dies jedoch nicht. Umso wichtiger wäre es, dass wenigstens die Zuschauer zahlreich die Ilfishalle füllen. Aktuell dürfte der Zuschauerrückgang allerdings im Durchschnitt ungefähr 1'000 Zaungäste pro Spiel betragen. In Franken ausgedrückt dürfte die Einbusse über die ganze Saison hinweg eine Million übersteigen. So lässt sich jedoch schlecht über eine Vorwärts-Strategie nachdenken.

Deshalb würde es sicher massiv helfen, wenn die Zuschauer wieder zahlreicher kommen würden. Zuhause in den Fernseher zu starren, ist wenig hilfreich.