So gewinnt man Langnaus Publikum:

SCL Tigers begeistern gegen Lausanne

Es war ein Arbeitssieg. Ein Sieg des Fleisses und des Kampfgeistes gegen ein viel höher bewertetes Team. Dabei ragen Torhüter Stéphane Charlin und Topskorer Aleksi Saarela aus einem sich aufopfernd wehrenden Kollektiv heraus. Reicht es sogar für höhere Ziele?

Spielbericht • • von Bruno Wüthrich

Die SCL Tigers tauchten trotz gegnerischer Dominanz immer wieder gefährlich vor dem Lausanner Tor auf. Bild: Susanne Bärtschi

 

3:7 in der ersten Partie gegen Lausanne, 1:6 gegen Davos, 0:7 in Bern und sogar 0:8 im Heimspiel gegen den HC Lugano. Wie um Himmels willen will da jemand etwas von höheren Zielen faseln, könnte man sich fragen. Aber diese unterirdischen Resultate sind nur eine Seite der Medaille. Schaut man auf die Tabelle, sieht die Situation ganz anders aus. Zwar haben die SCL Tigers in der bisherigen Meisterschaft deutlich am meisten Gegentreffer erhalten. Sogar 10 mehr als das Schlusslicht Ajoie. Aber bereits aus diesem Satz sehen wir: Die Emmentaler bilden nicht das Schlusslicht. Sie sind aber auch nicht Vorletzter. Sie haben sogar drei Teams hinter sich gelassen und liegen auf dem 11. Rang. Mehr noch: Sie liegen lediglich drei Punkte hinter den 6. Rang, den derzeit die Lakers belegen. Diese haben allerdings eine Partie weniger ausgetragen. Aber wir erkennen unschwer: Die SCL Tigers sind in dieser Meisterschaft voll mit dabei. Es ist vieles möglich. Anders als auch schon ist man nicht frühzeitig chancenlos abgehängt und muss um den Ligaerhalt bangen. Dieser ist natürlich längst nicht gesichert und wir wissen nicht, was die Zukunft bringen wird. Aber eben: diesmal ist der Ligaerhalt nicht das einzige Ziel, sondern lediglich das Minimalziel. In Langnau kann man auch höhere Ziele ins Auge fassen. Zumindest derzeit. Das Spiel gegen den HC Lausanne hat dies gezeigt.

21:57 Torschüsse. Eigentlich spricht dies eine eindeutige Sprache. Wenn das Team mit den 21 Torschüssen gewinnt, dann spricht man von einem gestohlenen Sieg. Doch das war es nicht. Denn die SCL Tigers hatten in dieser Partie mehrere nicht verwertete hochkarätige Torchancen. Sie waren mit ihren Kontern immer wieder sehr gefährlich. Und natürlich konnte sich ihr junger Torhüter Stéphane Charlin in dieser Partie auszeichnen. Es brauchte ihn und er brachte eine tolle Leistung, wahrscheinlich seine beste in der bisherigen Saison. Es wird ihn noch weiterhin brauchen. Denn noch wissen wir nicht, wann Luca Boltshauser nach seiner Verletzung (Hexenschuss) wieder mittun kann. Nicht vergessen wollen wir aber, dass Charlin auch gut abgeschirmt wurde. Die Tiger erbrachten nämlich eine ausgezeichnete Defensivleistung und erst zwei streng gepfiffene Strafen zum Schluss der Partie brachten sie noch etwas in die Bredouille. Aber mit Kampfgeist und Willen überstanden sie auch diese Phasen mit Bravour.

Die Tiger erbrachten diese Leistung, obwohl zwei ihrer Leitwölfe (Harri Pesonen und Saku Mäenalanen) wegen Erkrankungen noch nicht ihre Bestleistungen erbringen können, und obwohl mit Brian Zanetti und Sebastian Schilt immer noch zwei wichtige Verteidiger fehlen. Und obwohl sie bereits einen Tag zuvor in Genf eine sehr gute Leistung mit Punktgewinn vollbrachten (während Lausanne frei hatte). Anstelle der Verletzten oder der noch nicht ganz auf ihrem Toplevel agierenden Pesonen und Mäenalanen springen andere in die Bresche, übernehmen zusätzliche Verantwortung und entwickeln sich so weiter. Und dann haben wir ja noch Aleksi Saarela, der nach einer kurzen Durststrecke wieder zwei Mal getroffen hat. Er steht nun bei 14 Punkten (11 Tore, 3 Assists), wobei seine Statistik etwas trügt. Hätten seine Mitspieler einige seiner genialen Zuspiele besser verwertet, hätte Saarela heute mehr Assists auf seinem Konto. Da besteht noch Luft nach oben.

Luft nach oben haben die Emmentaler noch in diversen Bereichen. Zum Beispiel in den Spezialdisziplinen Powerplay und Boxplay, bei denen sie sich allerdings gegen den HC Lausanne nichts zuschulden haben kommen lassen. Im Überzahlspiel allein deswegen nicht, weil sie gar keines zur Verfügung hatten (keine Strafe gegen Lausanne), aber auch Situationen in Unterzahl hatten sie nur zwei zu überstehen. Beide gegen Ende der Partie, wobei die Eine lediglich noch 27 Sekunden dauerte. Dann war die Partie zu Ende.

Aber sowohl in Überzahl wie auch in Unterzahl sind die SCL Tigers das bisher klar schlechteste Team der Saison. Wenn man bedenkt, wie wichtig diese Situationen im heutigen Eishockey geworden sind, wie oft sie über Sieg und Niederlage entscheiden, ist es umso erstaunlicher, wo die Langnauer in der Tabelle tatsächlich zu finden sind. Gelingt es Coach Thierry Paterlini, seine Mannschaft auch in diesen Disziplinen weiter zu entwickeln, wird sich dies bemerkbar machen. Es ist zu erwarten, dass die SCL Tigers auch hier Fortschritte machen werden. Dann ist definitiv mit ihnen zu rechnen.

Eines ist sicher: Diese Partie gegen den HC Lausanne bot alles, was sich die Zuschauenden in Langnau wünschen. Ein leidenschaftlich kämpfendes und sich aufopferndes Team, das sich am Ende alle drei Punkte krallt. Die 5‘200 Zuschauerinnen und Zuschauer, die gestern Abend in der Emmental Versicherung Arena waren, werden wiederkommen.