Erstaunliche Langnauer:

SCL Tigers bodigen gleich beide Playoff-Finalisten

Die SCL Tigers kehren nach zuvor zwei Niederlagen wieder zum Siegen zurück und realisieren an diesem Wochenende das Punktemaximum. Das Nachsehen haben gleich beide Playoff-Finalisten der letzten Saison. Das bringt uns zu der Frage nach dem Potenzial.

Blog • • von Bruno Wüthrich

Ist es dir nicht auch so ergangen: nach der knappen 1:2 – Niederlage und der darauffolgenden Pleite in Lausanne (2:6) und der Aussicht auf das Wochenende gegen die beiden Playoff-Finalisten des letzten Jahres, die beide dringend Punkte benötigen, beschlichen mich ein paar Zweifel. Treffen jetzt die SCL Tigers im unglücklichsten Moment auf die schwierigsten Gegner? Selber angeschlagen gegen zwei angeschlagene Gegner mit deutlich mehr Potenzial? Bahnte sich da etwa eine Krise an? Vier Niederlagen in Serie müssen dies nicht bedeuten. Aber es hätte sein können. Ganz ehrlich, ich hatte gehofft, dass es wenigstens ein Punkt werden würde – aus dem ganzen Wochenende notabene. Weil dann die Mannschaft immer noch wüsste, dass sie eigentlich dran ist, auch an den stärksten Gegnern.

Was habe ich mich da getäuscht! Die Langnauer hatten zwar zwei Mal verloren. Aber sie waren nicht verunsichert. Wieso sollten sie auch? Sie haben gerade mal ein schwaches Drittel eingezogen. Das war das Startdrittel in Lausanne. Der Rest war in Ordnung. Da war kein Platz für Verunsicherung. Auch deshalb hat die Mannschaft das Maximum aus diesem Wochenende herausgeholt. Vier eigene Tore reichten, für zwei Spiele mit dem Punktemaximum zu gewinnen. Wenn man nur einen Gegentreffer zulässt, ist dies möglich. Für drei der vier Langnauer Treffer waren übrigens Verteidiger zuständig.

Die Frage nach dem Potenzial

Derzeit grüssen die Tiger von Rang 7 !!! Und zwar nicht nur, was die Anzahl Punkte bei ungleich vielen Spielen betrifft, sondern auch nach dem Punktedurchschnitt. Dabei punkten die Emmentaler gegen Gegner aus allen Tabellenregionen. Das heisst, sie knöpfen den Favoriten regelmässig Punkte ab, aber sie erledigen auch die Aufgaben gegen sogenannt direkte Gegner. Die bisher einzige Partie gegen Schlusslicht Ajoie wurde gewonnen, Kloten wurde zwei Mal bezwungen und auch gegen die Lakers aus Rapperswil war Paterlinis Truppe in einem von zwei Spielen erfolgreich. Mittlerweile müssen wir – völlig überraschend – auch die beiden letztjährigen Playoff-Finalisten zu den direkten Gegnern zählen. Und hier überrascht dann die Bilanz wirklich: Drei Siege und 8 Punkte in bisher drei Spielen gegen die Seeländer, zwei Siege, eine Niederlage und 6 Punkte gegen Servette. Dem Vollerfolg vom vergangenen Freitag in Genf gingen der 2:1 – Sieg nach Verlängerung im Saison-Startspiel sowie die 3:4 – Niederlage, ebenfalls nach Verlängerung am 20. Oktober in Genf voraus. Man hatte also zwei um mehrere Längen höher gehandelte Teams in jedem der als direkte Begegnung angesetzte Partie jeweils gut im Griff und war jedes Mal erfolgreich. Auch ein Punktgewinn bei einer Niederlage ist letztendlich ein Erfolg.

Das bringt uns zur Frage nach dem Potenzial. Was ist das eigentlich? Wie berechnet man ein Potenzial. Üblicherweise schaut man auf die Spieler einer Mannschaft, beurteilt deren Stärken und Schwächen, zählt diese fiktiv (wie auch immer) zusammen, macht die gleiche Rechnung mit anderen Mannschaften und vergleicht dann. Seriös gemacht, bedeutet dies ziemlich viel Aufwand, ist aber zunächst relativ einfach. Etwas schwieriger wird es, wenn wir noch die mentale Stärke der einzelnen Akteur mit einberechnen müssen. Wobei diese vor allem dann zum Tragen kommt, wenn es wichtig wird. In den Playoffs oder Playouts beispielsweise, oder in entscheidenden Partien um die letzten Playoff- oder Pre-Playoff-Ränge. Da gibt es dann schon Unterschiede. Da flattern bei gewissen Spielern die Nerven mehr als bei anderen. Es gibt Spieler, die blühen in solchen Situationen richtiggehend auf. Andere sind wie gelähmt und bringen kaum mehr ein Bein vors andere.

Aber wie steht es denn mit dem Potenzial einer ganzen Mannschaft? Was, wenn diese so zusammengesetzt ist, dass die einzelnen Rädchen (die Spieler sind gemeint) so zusammengefügt sind und zusammenarbeiten, dass daraus quasi ein Kunstwerk resultiert. Bei den Plastikern gibt es Künstler, die haben sogar aus Schrott bekannte Kunstwerke kreiert. Was, wenn ein Trainer ein Künstler ist, der es fertig bringt, aus seinen Jungs das Optimum herauszuholen? Heinz Ehlers war in Langnau so ein Künstler. Momentan läuft es ihm in Visp nicht ganz so. Aber Langnau schein in Thierry Paterlini einen ebenbürtigen Nachfolger gefunden zu haben. Mehr als erstaunlich, was die Tiger derzeit abliefern.

Es hilft natürlich, dass sich in Langnau auch das Publikum über den Kampf definiert. Wenn die Mannschaft kämpft und alles gibt, dann ist dies beim heimischen Publikum schon viel. Wenn dann noch Punkte und Siege hinzu kommen, ist man hier glücklich. Und das soll auch so sein. Wir sind nicht der SC Bern, wo ein Trainer schon deswegen entlassen wurde, weil die Mannschaft zwar gut unterwegs war, aber die Spielweise das verwöhnte Publikum etwas zu wenig zu begeistern vermochte. Inzwischen ist man sich auch in Bern etwas magerere Kost gewohnt. Denn selbst bei unterirdischen Platzierungen (für vormalige Berner Verhältnisse) bleiben dort die Trainer relativ lange im Amt.

In Langnau hat Thierry Paterlini den Weg gefunden, wie er mit seiner Mannschaft die Fans glücklich machen kann. Hier interessiert sich niemand dafür, ob die Siege nach offensivem Spektakel oder nach einer Abwehrschlacht realisiert werden konnten. Und das führt uns nochmals zu der Frage nach dem Potenzial.

Entscheidend für einen Sieg ist doch, wie eine Mannschaft ihr defensives und offensives Potenzial bestmöglich ausschöpft. Langnau definiert sich halt über eine ausgezeichnete Defenisve, auch wenn dies bei der Anzahl der bisher total erhaltenen Gegentreffer nicht so aussieht. Da waren halt ein paar deftige Klatschen dabei. Aber wenn wir diese wegzählen (da holten die Tiger ja auch keine Punkte), sind wir bezüglich Defensive eben ganz vorne mit dabei. Zur Defensive gehören auch die Torhüter. Und da haben die Tiger in Luca Boltshauser und Stéphane Charlin ein ganz formidables Duo. Auch das ist Potenzial. Beide sind übrigens auch nächste Saison in Langnau, Genauso wie sechs unserer sieben formidablen Ausländer. Zusammen mit den Möglichkeiten, die dannzumal mit dem zweiten Eisfeld und der Athletikhalle dazukommen, sind doch das schöne Aussichten. Auch wenn wir jetzt erstmal das geniessen, was wir in der Gegenwart vorgesetzt bekommen.