Schock gegen Ambri verdaut:
SCL Tigers kehren gegen Rappi zum Siegen zurück
Die SCL Tigers erkämpfen und erkrampfen sich mit ihrem 2:1 Sieg gegen die Lakers aus Rapperswil drei wichtige Punkte und zeigen dabei eine ausgezeichnete Moral. Sie schneiden damit im Vergleich mit der letzten Saison besser ab und halten den Anschluss ans Mittelfeld.
Da stockte uns allen der Atem, als Ambri am vergangenen Samstag 0,2 Sekunden vor Schluss der Partie noch ausglich und – beinahe schon folgerichtig – die Partie in der nötig gewordenen Verlängerung noch drehte. Solche Erlebnisse können alles verändern. Mit solchen Erlebnissen können Krisen beginnen. Verliert ein Team die nächste Partie, können die ersten Zweifel beginnen. Zumal vielleicht auch da die Niederlage knapp und dramatisch zustande gekommen ist.
Doch solche Gedanken brauchen wir uns in Langnau derzeit nicht zu machen. Denn die SCL Tigers liessen sich durch diese ebenso dramatische wie unnötige Niederlage nicht aus dem Konzept bringen und besiegen die Lakers verdient. Wiederum wird zwar Torhüter Stéphane Charlin der Shutout kurz vor Spielende noch vermiest. Doch diesmal ist dieser Gegentreffer nicht gleich bedeutend mit dem Ausgleich und die Rapperswiler kommen in der Folge zu keiner grossen Torchance mehr. Erfreulich in dieser Partie war neben der ausgezeichneten Defensivleistung auch, dass für einmal das Spiel in Überzahl den Ausschlag zugunsten der Emmentaler gab. Sowohl der Treffer von Julian Schmutz zum Ende des Startdrittels (19.) und von Aleksi Saarela (41.) zu Beginn des Schlussdrittels fielen im Powerplay. Für einmal nehmen wir uns die Zeit für ein paar Vergleiche aus der letzten Saison.
Die aktuelle Tabelle nach 19 gespielten Partien (SCL Tigers).
Vergleiche nach einem Viertel oder nach Halbzeit der Qualifikation sind langweilig. Die macht doch jede/r. Wir vergleichen nach exakt 0.3653846153846154 Prozent der gespielten Partien oder eben nach 19 Runden. Oder – wenn man so will – schauen wir nach, weil jetzt soeben der Oktober zu Ende gegangen ist. Nach 19 Runden standen die SCL Tigers in der Saison 2022/23 mit 21 Punkten und einem Torverhältnis von 46:62 ebenfalls auf Rang 11 der Tabelle. In dieser Saison weisen sie zwei Punkte mehr auf, obwohl sie 8 Tore weniger geschossen und zwei Gegentore mehr erhalten haben. Das schlechtere Torverhältnis ist schnell erklärt. Die deftigen Klatschen, die es auch in der letzten Saison gab, fielen diesmal noch etwas deftiger aus. Aber insgesamt scheinen die SCL Tigers stabiler als noch in der letzten Saison. Wobei die Emmentaler seit der 0:8 – Heimklatsche gegen Lugano in den darauffolgenden sechs Spielen mit 18 Gegentoren immer noch einen Gegentor-Schnitt von drei aufweisen. Aber sie erarbeiteten, erkämpften und erspielten sich in diesen sechs Partien neun Punkte, wobei sie 16 Tore erzielten. Unerklärbar bleibt, weshalb sich die Startphasen der beiden Saisons bei den Langnauern derart ähneln. Nach einem in der Overtime gewonnenen Startspiel gegen einen favorisierten Gegner (2022: ZSC Lions, 2023: Genf-Servette) folgte jeweils eine Serie von zum Teil heftigen Niederlagen, wo man sich bei einzelnen Partien fragte, ob denn die Mannschaft wirklich in der richtigen Liga spielt. Um sich danach zu fangen und eine ganz anständige Saison zu spielen.
So präsentierte sich die Tabelle nach 19 gespielten Partien (SCL Tigers) in der Saison 2022/23.
Auffallend ist, dass die Emmentaler in der Saison 2022/23 11 der insgesamt 19 ersten Spiele ohne Punktgewinn verloren, während sie in der aktuellen Spielzeit in 12 von ebenfalls 19 Partien punkteten. Weil sie jedoch insgesamt fünf Mal in der Verlängerung oder im Penaltyschiessen verloren, kassierten sie in dieser Spielzeit insgesamt eine Niederlage mehr. Insgesamt musst die Mannschaft bereits acht Mal in die Overtime (gegenüber drei Mal in der letzten Spielzeit, wobei bis zu diesem Zeitpunkt alle gewonnen wurden).
Sicher weiter daran arbeiten müssen die Tiger in den Spezialdisziplinen Unterzahl und Überzahl. In beiden Disziplinen bilden sie nämlich das Schlusslicht. Lediglich 7 erzielten Treffer in Überzahl stehen 17 Gegentore in Unterzahl gegenüber. Keine andere Mannschaft schoss weniger Treffer in Überzahl und keine andere Mannschaft kassierte mehr Gegentreffer in Unterzahl. Dass die Statistik aber nicht immer ganz alles sagen, beweisen gerade diese „Fakten“: Gegen die Lakers machten die Tiger den Unterschied im Powerplay. Und den letzten Gegentreffer in Unterzahl kassierten die Langnauer in der Overtime im Spiel gegen Genf Servette. In den darauffolgenden Partien gegen Lausanne, Davos, Ambri und die Lakers bei immerhin acht eigenen kleinen Strafen ohne Gegentor. Zwar macht eine Schwalbe zumindest im Überzahlspiel noch keinen Sommer (um einen völlig unpassenden Vergleich zu kreieren), aber es scheint, als konnte Coach Thierry Paterlini das Spiel in Unterzahl etwas stabilisieren.
Wo liegt sonst noch Potenzial? Hier müssen wir nicht lange schauen. Die Antwort ist: bei der Treffsicherheit der ausländischen Stürmer. Die Ausnahme bildet natürlich unser Topscorer Aleksi Saarela, der allein bereits 12 Treffer und 16 Punkte auf seinem Konto hat. Aber Sean Malone (2 T, 8 A, 10 P), Harri Pesonen (3, 2, 5) und Saku Maenalanen (2, 2, 4) haben zusammen erst sieben Treffer erzielt. Das ist zuwenig. Dabei muss uns bewusst sein, dass ja in erster Linie die Mannschaft funktionieren muss. Das tut sie, und daran haben diese Spieler einen wertvollen Anteil. Wir messen sie nicht nur an ihren Toren und Punkten. Aber etwas produktiver im Abschluss dürften sie schon sein. Zumindest besteht hier noch Steigerungspotenzial.
Bleibt noch die Frage, ob die SCL Tigers zum Mittelfeld der Liga gehören oder ob sie immer noch ein Schwanzklub sind. Hier müssen wir uns zuerst fragen, wo denn das Mittelfeld beginnt und wo es aufhört. Schauen wir nur auf den Rang, können wir nicht von Mittelfeld reden. Denn so gesehen sind wir etwas dahinter. Schauen wir jedoch auf die Punkte, so erkennen wir, dass die SCL Tigers lediglich sechs Punkte hinter Rang 6 liegen, auf welchem der HC Lugano steht, der doch die SCL Tigers noch am 14, Oktober mit 0:8 aus dessen heimischer Emmental Versicherung Arena schoss. Und auch der mächtige SC Bern, der derzeit auf Rang vier steht und gegen den die Tiger auswärts am 22. September eine 0:7 – Pleite kassierten, befindet sich lediglich 9 Punkte vor den Langnauern. Und von den Playout-Rängen (13. Kloten, 17 P, 14. Ajoie, 13 P) hat sich die Mannschaft etwas entfernt, wobei gerade der HC Ajoie zuletzt gewaltigen Aufwind hatte und zudem noch zwei Partien weniger ausgetragen hat. Mal sehen, wie lange das Hoch der Pruntruter anhält.
In erster Linie müssen die SCL Tigers jedoch auf sich selbst schauen. Kämpfen sie weiter und bleiben stabil, müssen sie sich um die Rangierung keine Sorgen machen.