Statt Konkurs ein Eishockey-Märchen

Klaus Zaugg - 2009 beschliessen zwei Männer schweren Herzens den Konkurs der SCL Tigers. Zwei Jahre später sieht alles anders aus: Es gelingt die Stadionrennovation für 30 Millionen Franken. Fast ein Hockeymärchen.

News • • von Klaus Zaugg


«Hockey Country» – das ist der Name der Promotion für die SCL Tigers. Am Wochenende haben die Langnauer Stimmbürger gezeigt, dass es mehr ist als ein guter Werbeslogan. Das Emmental ist tatsächlich «Hockey-Land». 15,38 Millionen Steuergelder werden ins hölzige Ilfisstadion investiert. Und noch einmal so viel Geld von Peter Jakob, dem Präsidenten der SCL Tigers.

Peter Jakob und Gemeindepräsident Bernhard Antener (SP) sind die zwei Hauptdarsteller in dieser ungewöhnlichen, ja märchenhaften Hockeygeschichte. Im Sommer 2009 sind sich Jakob und Antener einig: Die SCL Tigers AG ist nicht mehr zu retten. Die Bilanz muss deponiert werden. Die Geschichte des NLA-Eishockey im Emmental ist zu Ende. So verabreden sich die beiden Männer und gehen schweren Herzens nach Hause. Am nächsten Tag soll der Gang zum Konkursrichter vorbereitet werden. Jakob, ein erfolgreicher Unternehmer, hatte von Hans Grunder das Präsidentenamt des heruntergewirtschaftete Hockeyunternehmens übernommen.

Erleuchtung auf dem Zahnarztstuhl
Am nächsten Vormittag sitzt Langnaus Gemeindepräsident auf dem Zahnarztstuhl und hat auf einmal die Erleuchtung. Die Idee für die Rettung. Er trifft sich wieder mit Jakob. Weil keine privaten Investoren mehr zu finden sind, soll der Steuerzahler die Tigers retten. Der Schachzug gelingt: Das Gemeindeparlament bewilligt im August 2009 einen zinslosen Kredit in der Höhe von 800 000 Franken für die SCL Tigers plus 100 000 Franken für Aktienzeichnungen. Der Konkurs kann abgewendet werden. Die Tiger leben weiter.

Aber klar ist auch: Das Stadion muss saniert werden. Ex-Präsident Grunder (heute BDP-Präsident) ist mit seinen Stadion-Neubauplänen grandios gescheitert. Nicht nur, aber auch wegen fehlender Transparenz, schludriger Planung, Halbwahrheiten und politischen Ränkespielen. Es scheint unmöglich, das Geld für einen Stadion-Neubau oder auch nur eine Rennovation aufzutreiben.

Wieder übernehmen Antener und Jakob die Federführung. Der Politiker und der Unternehmer spannen zusammen. Und wieder gelingt ein Wunder. Ohne einen Franken Werbebudget, ohne die Einmischung von PR-Beratern, wagen sie ein kühnes Projekt: Die Rennovation des Ilfisstadions, im Sommer 1975 über der offenen Kunsteisbahn erbaut. Anteners und Jakobs Stärken: Transparenz, ehrliche Kommunikation, Engagement, sorgfältige Detailarbeit. Sie haben auch das Glück des Tüchtigen: Im Frühjahr 2011 gelingt den SCL Tigers erstmals die NLA-Playoffqualifikation. Die Stimmung im Emmental ist im Frühjahr und im Sommer 2011 so gut wie noch nie.

Bürger stimmen für Stadionrennovation
Die Stimmbürger haben nun am Wochenende einen Kredit von 15,38 Millionen für die Stadionrennovation mit einer Mehrheit von 75 Prozent (!) bewilligt. Eine solche Zustimmung zu einem Projekt, das direkt mit einem NLA-Klub verknüpft wird, ist in der Geschichte des Schweizer Eishockeys einmalig. Jakob steuert noch einmal so viel Geld für die Gesamtsumme von gut und gerne 30 Millionen bei.

Es ist mehr als nur das Bekenntnis zu den SCL Tigers. Es ist auch der Stolz der Emmentaler, zu zeigen, dass sie fähig sind, auf eigenen Füssen zu stehen und die Welt zu verändern. Zürich, eine der reichsten Städte der Welt bringt es beispielsweise nicht fertig, ein Hockeystadion zu bauen. Aber die 10 000-Seelen-Gemeinde Langnau schon.