Der riskante Poker von Sportchef Pascal Müller
Voll aufgegangen !
Auf das Verletzungspech der SCL Tigers hat Pascal Müller lediglich mit der Verpflichtung eines Ersatz-Ausländers reagiert. Dies hätte auch voll in die Hose gehen können. Doch es ist bisher voll aufgegangen.
Er hat vieles richtig gemacht - Langnaus Sportchef Pascal Müller (Bild - scltigers.ch)
Saku Mäenalanen, Sean Malone, Juuso Riikola, Vili Saarijärvi und Harri Pesonen – alle waren sie in dieser Saison schon verletzt, krank, gesperrt oder aus anderen Gründen abwesend. Insgesamt 18 ihrer bisher 22 ausgetragenen Partien spielten die Tiger nicht mit Vollbestand bei den Ausländern. Hinzu kommt, dass sich ja das Verletzungspech nicht allein auf die Ausländer beschränkt, sondern zuweilen auch wichtige Spieler mit Schweizer Lizenz betroffen waren.
Aber, um bei den Ausländern zu bleiben, insgesamt haben die Langnauer acht Partien mit fünf, weitere acht Partien mit vier und zwei Spiele mit lediglich drei Ausländern bestritten. Logisch, dass da Punkte liegen geblieben sind, die sonst eingefahren worden wären. Wie viele es sind, wissen wir nicht und werden wir nie erfahren. Ausländer sind dazu da, Leaderfunktionen zu übernehmen, Tore zu erzielen und Pässe für Tore aufzulegen. Insgesamt sechs dieser 18 Partien haben die Emmentaler zu Null verloren.
Die Punkte, welche in dieser ersten Phase der Meisterschaft liegen geblieben sind, könnten in der Endabrechnung fehlen. Man sieht in der ersten Hälfte der Meisterschaft oft noch grosszügig über Punktverluste hinweg, weil die Meisterschaft ja noch lang ist und man diese noch kompensieren kann. Doch gegen Schluss der Meisterschaft, wenn jeder Punkt zählt, wäre man froh, hätte man den einen oder anderen aus der ersten Hälfte der Quali mehr auf dem Konto.
Das viel grössere Risiko war aber, dass die Mannschaft ob zu vielen Niederlagen nach gutem Beginn ihre Mentalität verliert. Die Tiger haben in den Vorbereitungsspielen und in den ersten Spielen der Meisterschaft eine Art Siegermentalität aufgebaut. Diese hätte mit dieser Sparstrategie auch verloren gehen können. Niemand hätte der Mannschaft grosse Vorwürfe machen können, wenn es mit diesem Verletzungspech noch deutlich mehr Niederlagen abgesetzt hätte.
Doch der Poker von Sportchef Pascal Müller ist voll aufgegangen. Mehr noch – er hat sich damit grosses Lob verdient. Erstens ist nämlich die Mannschaft nie in eine Krise geraten. Nach drei Zu-Null-Niederlagen in Folge könnte sie eventuell nahe dran gewesen sein. Aber danach gab es den Punktgewinn mit vier erzielten Toren gegen Rapperswil und den grandiosen Sieg in Biel und die Sache war gegessen.
Was das Ganze noch besser macht, ist, dass in dieser schwierigen Phase andere Spieler nicht nur in die Bresche springen konnten, sondern dass sie sich dabei weiterentwickelten. Alle jungen Spieler erhielten zwangsweise wichtigere Rollen. Das tut ihrer Entwicklung gut. Das ist auch gut für ihre Mentalität. Das könnte sich in der zweiten Phase der Meisterschaft noch auszahlen.
Mit dieser – zwar riskanten – Strategie hat sich die ganze Mannschaft stärker gemacht. Wenn nicht weiteres Verletzungspech folgt, werden die Tiger bald wieder mit sechs Ausländern spielen können. Diejenigen, die länger verletzt waren, werden in der zweiten Phase der Meisterschaft frisch sein und die anderen zusätzlich mitreissen können. Die Investition, einige Punkte quasi bewusst liegen zu lassen, könnte also zinsen. Auch wenn es in der Tabelle auf den ersten Blick nicht so aussieht, so sind die Tiger zumindest einigermassen auf Kurs. Zwar liegen sie nach der gestrigen Runde, wo Langnau nicht gespielt hat, nach Siegen von Ambri und Genf lediglich noch auf dem 11 Rang und haben gerade mal einen Punkt Vorsprung auf Rang 13 (Fribourg). Andererseits liegt sogar Rang 6 (Kloten, 9 Punkte, aber auch zwei Spiele mehr) in Reichweite. Alles liegt nahe beieinander. Alles ist noch möglich.
Wichtig war, dass die Mannschaft mit ganz wenigen Ausnahmen in jedem Spiel seine Chance hatte, zu gewinnen, und diese auch resolut zu nutzen versuchte. Das hielt das Publikum jederzeit bei Laune.
Dies wäre bei einer Reihe von happigen Niederlagen nicht mehr der Fall gewesen. Auch das ein Risiko, von Pascal Müller, das voll aufgegangen ist.