Für einmal nicht überzeugend:

Wenn Charlin einmal nur ein normaler Torhüter ist

Die SCL Tigers haben das Spiel gegen den EV Zug nicht nur wegen Charlin verloren. Aber sie hätten es wegen Charlin gewinnen können. Die gestrige Partie zeigt, was ein guter Torhüter für die Mannschaft ausmacht.

News • • von Bruno Wüthrich

Sean Malone prüft Zugs Hüter Leonardo Genoni. Bild: Susanne Bärtschi

 

Der EV Zug ist nicht die Lieblingsmannschaft der SCL Tigers. Die zwei ersten Spiele hat man verloren, ohne je eine realistische Siegchance gehabt zu haben. Auch gestern war man ziemlich weit weg von einem Sieg. Am Ende stand die dritte Niederlage der Saison gegen diesen Gegner ohne Punktgewinn. Es gibt so Mannschaften, die einem einfach nicht liegen. Der EV Zug und die SCL Tigers waren vor diesem Spiel Tabellennachbarn. Zug war 6., die Langnauer Siebte. Doch in den Direktbegegnungen sind sie viel weiter voneinander entfernt. Und doch hätte es gestern bei günstigerem Verlauf auch ein Sieg werden können.

Eine halbe Stunde vor Spielbeginn im Presseraum der Emmental Versicherung Arena: Der Vertreter der Gastmannschaft erklärt gerade die Aufstellung des EVZ. Er tut dies etwas ausführlicher, als man sich dies normalerweise gewohnt ist. Tigers Sportchef Pascal Müller, der diese Aufgabe jeweils für die Emmentaler übernimmt, wird in dieser Zeit über sein Hosentelefon angerufen. Offenbar wird er darüber informiert, dass nicht, wie auf dem Matchblatt ersichtlich, Luca Boltshauser gegen die Innerschweizer im Tor stehen wird, sondern wie tags zuvor in Rapperswil Stéphane Charlin. Eigentlich wäre vorgesehen gewesen, dass Charlin eine Pause erhält. Aber Boltshauser war out. Mehr war nicht zu erfahren. Einige der den Langnauern gewogenen Anwesenden haben aufgeatmet. Charlin habe einen Lauf, der brauche keine Pause, war zu vernehmen.

Während der Partie haben wir jedoch bemerkt: Charlin war an diesem Abend lediglich ein normaler Torhüter. Wiederum zeigte er mehrere sehr gute Saves. Aber bei den Gegentreffern Nr. 2 und Nr. 3 war er eben nicht der gewohnte Charlin. Auf der Pressetribüne sagte der eine Journalist zum anderen: „Gell, wenn jetzt der Boltshauser im Tor gestanden wäre, hätten wir gesagt, der Charlin hätte den gehalten…“

Ganz offensichtlich hätte eben Charlin doch eine Pause benötigt. Die Emmentaler verloren die Partie am Ende mit 2:4. Doch die Niederlage hatte noch andere Gründe. Und genauso, wie sie bei günstigem Verlauf auch hätte gewonnen werden können, hätte die Niederlage auch wesentlich deutlicher ausfallen können.

Beim EV Zug stand mit Leonardo Genoni ein Hüter im Kasten, der an diesem Abend einfach besser war als sein Antipode auf der anderen Seite. Hinzu kam, dass die Langnauer die gegnerische Kiste viel zu selten getroffen haben und teilweise auch aus besten Positionen scheiterten (Beispiele: Julian Schmutz allein vor Genoni, Lattenknaller von Aleksi Saarela). Aber nicht nur die Tiger sündigten im Abschluss. Gerade im Mitteldrittel liessen auch die Zuger mehrere Topchancen liegen. Immer wieder tauchten sie bei Breaks in Überzahl vor Stéphane Charlin auf. Den traurigen Höhepunkt erlebten die Zuschauenden bei Überzahl SCL: Insgesamt drei Mal tauchten die Zuger zu Dritt gegen lediglich einen verteidigenden Langnauer auf, verwerteten aber die Möglichkeit nicht. Immerhin konnten die Tiger dann im letzten Abschnitt ihre Fehler, die zu diesen Breaks führten, etwas abstellen. Denn auffällig war auch, wie oft ein Tiger in dieser Partie fahrlässig die Scheibe vertändelten, über oder neben den Puck schlugen oder im dümmsten Moment hinfielen. Jedes Mal eröffnete sich für den Gegner eine mehr oder weniger gute Gelegenheit.

Dass die Partie mit eines sehr streng gepfiffenen Strafe nach wenigen Sekunden und einem darauf folgenden Gegentreffer nicht gut anfing, ist lediglich eine Randnotiz. Allerdings sah die Hintermannschaft der Langnauer gleich in zweifacher Hinsicht nicht gut aus. Denn erstens hätte dieses Zuspiel queer durch den Slot niemals ankommen dürfen, und zudem hätte jemand beim Torschütze sein müssen. Die Einheimischen, normalerweise im Boxplay in dieser Saison eine Macht, haben in dieser Situation noch geschlafen.

Klar ersichtlich war, wie sehr Mannschaften von den Leistungen ihrer Torhüter abhängig sind. Das gilt nicht nur für die SCL Tigers. Die Zuger haben den Sieg auch ihrem Torhüter zu verdanken. Die Innerschweizer hatten tags zuvor kein Spiel zu bestreiten. Wohl deswegen wirkten sie bis weit ins letzte Drittel hinein immer eine Spur frischer und spritziger. Dies galt wohl auch für Leonardo Genoni, der, wie bereits erwähnt, an diesem Abend der bessere Torhüter war als Stéphane Charlin, der eigentlich geschont werden sollte.