Der nächste Coach muss „sitzen“:

Weshalb sich Langnau keinen Trainer-Irrtum mehr leisten darf

Ives Sarault war eine Ausnahme. Zuletzt hatten die SCL Tigers nur mit ihren Not-Trainern ein goldenes Händchen. Aber unter Sarault blieben sie erfolglos. Nun braucht Langnau von Beginn weg den richtigen Coach. Eine erfreuliche Meldung kommt aus dem Sponsoring.

Blog • • von Bruno Wüthrich

Zuerst etwas neuere Trainer-Historie rund um die SCL Tigers. Einfach so zum besseren Verständnis, was gemeint ist. Dabei vergessen wir alles, was vor dem schmählichen Abstieg vom Frühjahr 2013 war. Konzentrieren wir uns nur auf die Zeit danach. Wobei – wem auch dies zu lang ist, kann vorscrollen bis zum Untertitel „Bitte keine Trainer-Experimente“. Dort steht, um was es mir eigentlich geht.

Also: Wir schreiben das Jahr 2013 und die SCL Tigers sind gerade in die NLB abgestiegen. Sie brauchen eine neue Mannschaft und einen neuen Trainer. Uns geht es nur um die Trainer. Der neu engagierte Thomas Tamfal erwies sich als Irrtum. Auf ihn folgte Nottrainer Bengt-Ake Gustafsson, seines Zeichens als Schwedischer Nationaltrainer Weltmeister und Olympiasieger. Unter ihm spielten die SCL Tigers ein für die NLB erfrischendes Eishockey und hatten mit Chris DiDomenico (ein nachträglich geholter Not-Ausländer) und Kevin Hecquefeuille zwei überdurchschnittliche Ausländer. Im Frühjahr 2015 stiegen die Emmentaler nach vier Siegen ohne Niederlage in der Liga-Qualifikation gegen die Lakers aus Rapperswil mit Pauken und Trompeten wieder in die höchste Spielklasse auf. Doch dieser Aufstieg war für die Verantwortlichen nicht gut genug. Der Vertrag mit dem Coaching-Staff wurde nicht erneuert. Statt dessen wurde Basels Abstieg- und Abris Koffer-Coach Benoît Laporte verpflichtet. Gemunkelt wurde, Gustafsson sei eine faule Socke, also nicht fleissig genug gewesen. Dass er Erfolg hatte, war unerheblich.

Ein Irrtum nach dem anderen

Dafür hatte Laporte keinen Erfolg. Aber offenbar war er fleissig, denn entlassen wurde er erst kurz vor Saisonende. Er brachte nach seinen gescheiterten Engagements in Basel und Ambri auch in Langnau kein Bein vor das andere. Was nicht verwundert. Denn ob Laporte in Basel und Ambri etwas für seinen Misserfolg konnte, wissen wir nicht. Aber so etwas bleibt in Langnau nicht ungehört. Dank der Koffer-Geschichte (ein erboster Ambri-Fan forderte Laporte zum Abgang auf, indem er einen Koffer auf das Eisfeld schmiss) hatte der Trainer von Beginn weg schlechte Karten.

Er wurde durch Scott Beattie ersetzt. Dieser stabilisierte die Mannschaft zum Saisonende etwas. Dies genügte, um ihn für die kommende Saison als Headcoach zu verpflichten. Doch auch unter Beattie blieben die Tiger glücklos. Es musste ein neuer Not-Trainer her. Und diesmal hatte Sportchef Jörg Räber ein goldenes Händchen. Dank der Verpflichtung von Heinz Ehlers konnte er sein Missgeschick bei der Ersetzung von Gustafsson – wenn auch sehr spät – wieder korrigieren.

Endlich Licht (und nicht nur am Horizont)

Ehlers passte zur Mannschaft. Die Mannschaft passte zu ihm. Ehlers ist ein Coach, der aus wenig Talent viel Zählbares machen kann. Doch leider fühlte er sich in Langnau nie richtig zuhause. Was nicht verwunderte, weil er sich in Biel niederlies. Aus seinem früheren Engagement beim EHC Biel hatte in dieser Region viele Freunde und wollte in deren Nähe sein. Keine optimalen Voraussetzungen für ein Wohlfühl-Engagement im Emmental. Professionell war aber Ehlers allemal. Erfolgreich ebenfalls. Zumindest für Langnauer-Verhältnisse.

Auf ihn folgte sein Assistent Rikard Franzén. Dem Schweden stand wahrlich keine gute Mannschaft zur Verfügung. Was allerdings die Zuschauer zu sehen bekamen, war ein Team, das stets an sich glaubte und deshalb auch immer wieder mal erstaunliche Resultate lieferte. Da aber meistens lediglich zwei, manchmal sogar nur ein oder gar kein Ausländer zur Verfügung standen, waren die Tiger in der Tabelle absolut chancenlos und landeten abgeschlagen auf dem letzten Rang. Etwas anderes wäre aber auch mit jedem anderen Coach ein Ding der Unmöglichkeit gewesen. Es war, wie wenn man mit einem Fiat Punto ein Formel 1 – Rennen bestreiten sollte. Schon der zweitletzte Rang war eine „Mission impossible“.

Die Trübsal darf nicht so weiter gehen

Aber eben: Wer eine Mannschaft mit so wenig Talent und trotz so vieler Niederlagen, die nicht zu vermeiden waren, über eine ganze Saison bei Laune hält, der hat trotzdem einiges richtig gemacht. Rikard Frazén war ohne jeden Zweifel ein guter Coach und hätte ein weiteres Engagement verdient gehabt. Und möglicherweise, - es ist fast zu vermuten, - hätten die Tiger mit ihm an der Bande in der zu Ende gehenden Saison (für die Langnauer ist sie längst zu Ende) besser abgeschnitten.

Aber man verlängerte den Vertrag mit Franzén nicht. Sportchef Marc Eichmann wollte neue Impulse setzen. Und wieder ging das Experiment schief, einen eigentlich guten und akzeptierten Coach ohne Not ersetzen zu wollen. Jason O’Leary ist ganz bestimmt kein schlechter Mann. Im Gegenteil: Er kann auf Erfolge hinweisen. Meister mit dem SC Langenthal in der Swiss League wird man auch nicht einfach so. Aber er passte nicht nach Langnau. Und er passte nicht zur Mannschaft. Die Saison geriet zum Desaster. Schlimmer kann es fast nicht mehr werden.

Bitte keine Trainer-Experimente

Irrtümer passieren immer wieder. Und mit „hätte verdient gehabt“ gewinnt man keinen Blumentopf. Mit der Aufzählung der Langnauer Trainer-Irrtümern soll nicht eine neue Mutlosigkeit propagiert werden. Trotzdem ist jetzt nicht die Zeit für irgendwelche Experimente. Die SCL Tigers haben eine grosse Fan-Basis. Und sie möchten sich als Ausbildungsklub für Spieler positionieren. Deshalb sollten ihnen auf den Positionen der Coaches nur die Besten gut genug sein. Die Besten für Langnau notabene. Das sind nicht immer die Teuersten. Aber wenn jemand den Spagat schaffen muss zwischen Ausbildung und Einbindung der Nachwuchskräfte, der Erbringung einer einigermassen akzeptablen Performance über die ganze Saison mit den eigentlich viel zu knappen finanziellen Mitteln, dann darf man aus der Stelle des Head-Coachs keine Ausbildungsstelle machen.

Da muss jemand her, der sowohl in mentaler wie auch in taktischer Hinsicht Wunder bewirken kann. Der bei den Spielern und auch im Umfeld akzeptiert ist, die Leidenschaft bei jedem Einzelnen wecken kann und dessen taktische Fähigkeiten der spielerisch limitierten Mannschaft in jedem Spiel eine Siegchance eröffnen. Es darf einfach nicht mehr sein, dass in Langnau schon lange vor Weihnachten klar ist, dass es auch diesmal wieder nichts wird mit den Playoffs.

Denn allein mit etwas mehr Verantwortung und etwas mehr Einsatzzeit ist es für die meisten jungen Spieler nicht getan. Wer als Nachwuchsmann nach Langnau kommt, lernt hier in erster Linie eines: Verlieren!

Und das ist nicht sexy. Weder für die Fans, noch für die jungen Spieler. Es ist ja nun wirklich nicht so, dass die besten jungen Spieler alle in Langnau spielen möchten. Da gibt es momentan erheblich bessere Adressen. Doch das muss nicht so bleiben. Und das darf es auch nicht.

Es warten grosse Herausforderungen. Hoffen wir, dass dafür die richtigen Leute geholt werden.

Toller Erfolg bei Sponsoring

Für die SCL Tigers ist es immer eine besondere Herausforderung, wenn ein Sponsor abspringt. Zumal sie beim Abgang der Migros Aare überhaupt nichts dafür können. Die Migros zieht sich aus dem Spitzen-Mannschaftssport fast vollständig zurück. Ein Unternehmensentscheid, der mit den SCL Tigers nichts zu tun hat, diese aber hart trifft.

Beziehungsweise getroffen hat, denn mit der wefox Insurance AG konnte ein neuer Goldsponsor gefunden werden. Vielleicht ist ja dies ein gutes Omen. Der Versicherer ist auch Sponsor des FC Union Berlin, der Mannschaft des Schweizer Trainers Urs Fischer. Der Zürcher mit Thuner und Basler Vergangenheit ist mit dem Underdog Union Berlin der Überflieger der 1. Bundesliga. Der gegenwärtige 6. Rang vier Runden vor Schluss der Meisterschaft ist aller Ehren wert. Und dies, obwohl der wohl wichtigste Spieler des eigentlich unterdotierten Kaders während der laufenden Meisterschaft zur Konkurrenz gewechselt hat. Eine kurze Krise mit einigen weniger guten Resultaten, danach hat sich die Mannschaft wieder gefangen.

Wenn wefox als Goldsponsor in Langnau eine ähnliche Wirkung hat, dürfen sie gerne auch Hauptsponsor werden.