Pleite in Pruntrut:

Die SCL Tigers neu mit der roten Laterne

Die SCL Tigers konnten nicht an ihre zuvor gezeigten Leistungen anknüpfen und bezogen deshalb beim HC Ajoie etwas unerwartet die dritte Niederlage in Serie. Der Besuch in Pruntrut war trotzdem eine Reise wert, wenn auch nicht wegen des Gezeigten auf dem Eis.

Spielbericht • • von Bruno Wüthrich

Ivars Punnenovs mit Unterstützung wehrt gegen Ajoies Topscorer Thibault Frossard und den Kanadier Guillaume Asselin. Bild: Susanne Bärtschi.

 

Das Positive zuerst. Ivars Punnenovs bewies gestern in Pruntrut, dass die SCL Tigers auf zwei starke Torhüter zählen können. Anstelle des in den letzten drei Partien zum Einsatz gekommenen Robert Mayer konnte er sich nach Fehlern seiner Vorderleute mehrfach auszeichnen. An ihm lag es sicher nicht, dass die Tiger sich beim HC Ajoie die rote Laterne abholten.

Sieht man vom Resultat und vom Spiel der Langnauer ab, war die Reise zur neuen Raiffeisen Arena in Pruntrut durchaus ein Erlebnis. Vieles ist etwas ungewohnt in der noch nicht ganz fertig gestellten Arena. Für uns, das heisst für die FANTIGER-Fotografin Susanne Bärtschi und für mich war es der erste Besuch in der neuen Spiestätte des HC Ajoie. Wir fragten also beim VIP-Stand nach, wo denn der Eingang für die Presse sei. Wir könnten hier gleich durch, winkten uns die beiden freundlichen Damen, und drinn waren wir. Zwei Sicherheitsleute gefragt, wo denn der Pressesaal sei, was uns jeweils freundlich beschrieben wurde. Und schon waren wir in einer Loge im VIP-Bereich. Und wären wir etwas frecher gewesen, hätten wir uns hier einfach an den Häppchen (bzw. der kalten Platte) bedienen können. Aber so frech waren wir natürlich nicht. Und so fragten wir ein drittes Mal nach dem Pressesaal, welcher sich tatsächlich im VIP-Bereich befindet, aber ganz zuhinterst. Und verpflegt wurden wir da auch. Es gab feine Thon-Sandwiches und wunderbare Süssigkeiten, wovon man kaum mehr die Finger lassen konnte, wenn man einmal ein Stück genommen hatte. Aber ganz speziell: Ohne Ticket und ohne eine einzige Personenkontrolle gelangten wir bis in den VIP-Bereich des HC Ajoie. Selbstverständlich hatte ich zuvor eine Akkreditierung beantragt. Diese war auch bewilligt. Wir hätten also an einem der Billettschalter ganz normal auch unsere Tickets erhalten und wären schliesslich sowieso dort gelandet, wo wir hin wollten. Trotzdem war das ein ganz besonderes Erlebnis.

Eishockey in Pruntrut ist tatsächlich ein spezielles Erlebnis. Auch wenn das Gezeigte auf dem Eis von äusserst bescheidenem Niveau war. Aber das Publikum ist so leidenschaftlich, die Untertützung von den Rängen für die Mannschaft so phantastisch, wie man es sich anderswo lediglich träumen kann. Ähnliches findet man sonst nur noch im Ambri. In Langnau beispielsweise ist das Publikum viel zu reserviert. Heisst es in Pruntrut von den Stehplatzrängen "Debout, debout", dass steht das ganze Sitzplatzpublikum auf und feuert die Mannschaft an. Und es heisst so oft "Debout, debout", dass schon fast der Eindruck entsteht, dass der HC Ajoie den Sitzplatzzuschauern einen Teil des Geldes zurückzahlen müsste, weil so oft gestanden werden muss. Von einer derart fantastischen Unterstützung sind wir in der Ilfishalle weit entfernt. Die Stärke der Langnauer-Fans liegt in deren Treue. Bzw. sie lag in der Treue. Denn derzeit lassen die Zuschauerzahlen nicht wie in den pandemiefreien Zeiten in der Vergangenheit auf eine überwältigende Treue schliessen. Noch kein einziges Mal hat die Zuschauerzahl in Langnau auch nur entfernt an der Fünftausender-Marke gekratzt. Vor der Pandemie schien es undenkbar, dass diese Marke einmal - für ein einziges Spiel - NICHT erreicht werden könnte.

Zurück zum Spiel nach Pruntrut, woe es kein W-Lan zu geben scheint. Zumindest fand ich nicht heraus, wo und wie ich Zugang erhalten könnte, und auch über mein Mobiltelefon hatte ich nur ungenügend Verbindung. Weshalb ich mich kurzerhand entschloss, für einmal nicht unmittelbar nach dem Spiel einen Bericht hochzuladen, sondern damit halt bis zum nächsten Tag zu warten. Speziell war auch, dass während den Unterbrüchen keine Musik gespielt wurde, was durchaus einen positiven Effekt hatte. Zu vermuten ist, dass die Stimmung in der Halle dadurch fast noch besser wird, weil die Gesänge und die Anfeuerungsrufe der Fans nicht immer durch die Musik überspielt werden. Vermutlich hat gar niemand die Musik vermisst. Übrigens: Die Eishalle in Pruntrit ist sehr laut. Vermutlich liegt dies daran, dass auf einer Längsseite kaum Zuschauerrampen sind, sodern hinter den Spielerbänken nur noch die Rückwand kommt, von welcher der Schall zurückhallt. Zuschauer machen ja nicht nur Lärm, sondern absrbieren diesen durch ihre Präsenz auch gleich selbst.

Nun zum Spiel. Da hatten die Langnauer am Schluss nichts zu lachen. Nach einem ausgeglichenen Startdrittel mit beidseitigen Tormöglichkeiten gingen die Gäste in der 24. Minute durch Pascal Berger in Führung. Der Langnauer Captain profitierte dabei vom mangelhaften Abwehrverhalten der Jurassier. Die Partie schien auf dem richtigen Weg. Erst recht, als kurz vor Ablauf der ersten Hälfte der Partie Jordan Hauert wegen eines hohen Stockes auf die Strafbank musste. Doch das Überzahlspiel Emmentaler, das in dieser Saison normalerweise fast im Quadrat besser ist als in der jüngeren Vergangenheit, funktionierte diesmal nicht wunschgemäss. Prompt entwischte Guillaume Asselin und hämmerte die Scheibe unhaltbar für Ivars Punnenovs in dessen Maschen. Dieser für die Langnauer äusserst ärgerliche Shorthander setzte bei den Jurassieren die Energie frei, die sie benötigten, um letztendlich den Sieg einzufahren. Begünstigt auch durch die viel zu harte Fünfminuten-Strafe gegen Sebastian Schilt zwölf Sekunden vor Drittelsende (das war kein böses Foul), dank welcher die Gastgeber in Überzahl ins Schlussdrittel starten konnten, und welche sie prompt ausnutzten. Verteidiger Daniel Eigenmann profitierte davon, dass die Scheibe unter dem Schoner von Punnenovs durchrutschte und der Langnauer-Hüter einen Moment nicht wusste, wo sich diese befand (44). Keine zwei Minuten später doppelte Philip-Michael Devos nach einer schönen Kombination mit Guillaume Asselin (zweiter Assist) und Topscorer Frossard nach. Noch blieb genügend Zeit zur Aufholjagd. Aber es war nicht der Abend der Tiger. Viel zu oft verloren sie die Scheibe bereits in der Mittelzone, blieben an ihren Gegnern hängen. Oft auch einfach deswegen, weil sie die nötige Präzision nicht in ihre Zuspiele brachten oder weil es an der Übersicht manglte. So blieb Harri Pesonens Anschlusstreffer nach schöner Vorarbeit von Alexandre Grenier 64 Sekunden vor Schluss nur noch Resultatskosmetik. 

Die Langnauer sind mit dieser Niederlage beim bisherigen Tabellenletzten dort angekommen, wo wir sie in dieser Saison nicht mehr haben wollten, wo sie aber bleiben werden, wenn sie ihre Fehler nicht abstellen können. Wie bereits am Vortag gegen Gottéron schlugen sich die Langnauer erneut selbst. Wobei die gezeigte Leistung vom Vortag mit jener in Pruntrut nicht vergleichbar ist. Denn mit einem Auftritt wie gegen die favorisierten Fribourger hätten die Tiger bei Ajoie gewonnen.

 

HC Ajoie – SCL Tigers 3:2 (0:0, 1:1, 2:1)

Raiffeisen Arena Porretruy, 3’659 Zuschauer. SR: Lemelin/Mollard, Schlegel/Stalder. Tore: 24. Berger (Olofsson) 0:1. 32. Asselin (Devos, Ausschluss Hauert!) 1:1. 44. Eigenmann (Auschluss Schilt) 2:1. 46. Devos (Frossard, Asselin) 3:1. 59. Pesonen (Grenier, Olofsson) 3:2. Strafen: 4-mal zwei Minuten gegen Ajoie, 4-mal zwei Minuten + 1-mal 5 Minuten (Schilt, Behinderung) gegen die SCL Tigers.

HC Ajoie: Wolf; Eigenmann, Birbaum; Hauert, Gauthier-Leduc; Pouilly, Rouiller; Helfer, R. Schmutz; Huber, Romanenghi, Rohrbach; Frossard, Devos, Asselin; Joggi, Ness, Frei; Schnegg, Macquat, Bogdanoff.

SCL Tigers: Punnenovs; Erni, Blaser; Zryd, Huguenin; Grossniklaus, Schilt; Guggenheim, Elsener; Olofsson, F. Schmutz, Grenier; Pesonen, Diem, Petrini; Sturny, Berger, Schweri; Loosli, Salzgeber, Weibel.

Bemerkungen: Ajoie ohne Hazen, Östlund (beide verletzt). SCL Tigers ohne Saarela, Leeger (beide verletzt), Melnalksnis (Partnerteam). 56. Pfostenschuss Romanenghi. 57.25: Timeout SCL Tigers. SCL Tiger von 57.28 bis 58.56 und ab 59.05 ohne Torhüter.