Gut gemacht, Sportchef

Die Verpflichtung von Alexandre Grenier ist ein wichtiger Schritt

Im Sommer entscheidet sich, wie viel Geld ein Klub über den Winter verdient. Denn in dieser Zeit wird mit den Sponsoren verhandelt. Da ist es entscheidend, wie viel Hoffnung auf sportlichen Erfolg sich das kulante Umfeld eines Klubs machen darf. Mit der Verpflichtung von Alexandre Grenier unterstreichen die SCL Tigers ihre Ambitionen.

Blog • • von Bruno Wüthrich

Die SCL Tigers haben eine desaströse Saison hinter sich. Sportlich abgeschlagen auf dem letzten Rang, das Defizit möglicherweise in Millionenhöhe. Und trotzdem haben die Tiger unter den gegebenen Umständen das Optimum heraus geholt. Mehr ging nicht. Zudem hätte ein anderes sportliches Resultat so ungefähr alles ad absurdum geführt, was wir bisher über Mannschaftssport im Algemeinen und Spitzen-Eishockey im Besonderen wissen. Allein schon ein 11. Rang hätte die Frage aufgeworfen, wie es möglich ist, dass die Bestverdiener der Liga so viel mehr verdienen als ein Viertlinienspieler der SCL Tigers. Und wieso überhaupt so viel Geld in Ausländer gesteckt wird. Hätten die SCL Tigers unter den gegebenen Umständen mehr erreicht, als sie erreicht haben, hätte man sich solche Fragen ernsthaft stellen müssen.

Nun ist es aber so herausgekommen, wie es musste und wie es vorausgesagt wurde. Dabei gilt es aber  festzuhalten, dass die SCL Tigers immerhin zehn von 52 Partien gewannen. Dies ist nicht viel. Aber es zeigt, dass das Kader der Langnauer eher selten (10 Niederlagen mit vier oder mehr Toren Differenz) komplett überfordert war, sondern dass die auf kostengünstig getrimmte Mannschaft häufig sehr nahe dran war am Punktgewinn oder auch am Sieg. Weitaus die meisten Niederlagen fielen lediglich mit einem Tor Differenz aus, wobei hier die Niederlagen mit einem Emptyneter zum Schluss (= zwei Tore Differenz) mitgezählt wurden.

Fehlte den SCL Tigers deshalb wenig zu einem besseren Abschneiden? Die Frage kann man je nach Optik unterschiedlich beantworten. Die Einen werden sagen, dass ein oder zwei Spieler, die auch mal die Differenz ausmachen können (Differenzmacher) genügt hätten, um deutlich mehr Punkte zu ergattern. Dies ist nicht ganz von der Hand zu weisen, aber es ist wenig wahrscheinlich, dass bereits zwei zusätzliche gute Spieler genügt hätten, um die grosse Differenz zum zweitletzten Rang zu überwinden. Eventuell wären die Tiger damit sogar berechenbarer geworden, weil sich ihr Spiel zu sehr auf die Leader konzentriert hätte. Dass die Langnauer in den meisten Partien ein konkurrenzfähiger Gegner waren, war nicht Einzelleistungen geschuldet, sondern jedes Mal dem Teamgeist zu verdanken.

Es war (und ist immer noch) Pandemie. Deswegen verzeihen sowohl Sponsoren wie Fans den SCL Tigers diese eine Saison, in welcher sie punktemässig noch schlechter abschnitten als bei ihrem Abstieg im Frühjahr 2013. Doch wenn das Langnauer Eishockey echte Ambitionen auf einen Mittelfeldplatz oder zumindest auf die Pre-Playoffs anmelden will, braucht es mehr als zwei gute zusätzliche Spieler. Sportchef Marc Eichmann hat bisher geschickt transferiert und die Abgänge von Julian Schmutz, Andrea Glauser und Federico Lardi werden durch die Zuzüge von Miro Zryd, Michael Loosli und Livio Langenegger gut kompensiert. Wichtig auch, dass offenbar trotz zuvor gegenteiligem Entscheid Sebastian Schilt gehalten werden soll.

Sehr wichtig wird auch die Auswahl der Ausländer sein. Es werden vier neue Gesichter in Langnau zu bewundern sein. Vier Stürmer sollen es künftig sein. Mit Alexandre Grenier wurde nun der erste bereits früh verpflichtet. Damit geben die SCL Tigers ein Statement ab. Sie zeigen damit, dass sie tatsächlich wieder Ambitionen anmelden wollen, dass sie sich mit dem letzten Rang künftig nicht mehr zufrieden geben wollen. Grenier ist ein sehr guter Transfer. Er passt zum Stil, den der neue Coach Jason O'Leary zu spielen gedenkt. Mit seiner Körpergrösse und seinem Gewicht (195 cm, 91 kg) sorgt er für viel Wasserverdrängung. Für seinen bisherigen Verien Iserlohn (DEL) erzielte er in der Qualifikation der aktuellen Saison in 35 Spielen 39 Punkte (12 Tore, 27 Assists).

Sollte es Marc Eichmann bald gelingen, auch noch einen zweiten derartigen Transfer zu tätigen (Jesper Olofsson?), haben VR-Präsident Peter Jakob und Geschäftsführer Simon Laager bei ihren Gesprächen mit bisherigen und möglichen neuen Sponsoren gute Karten in den Händen. Denn bei Sponsoren ist es ähnlich wie beim Publikum. Wie grösser die Hoffnung, desto interessierter und aufgeschlossener sind sie. Im Sommer geht es darum, die nächste Saison zu verkaufen. Gespielt und gekämpft wird dann im Herbst, Winter und Frühjahr. Die letzte Spielzeit ist für die Langnauer längst vorbei.

Mit der Verpflichtung der Ausländer Nummer drei und vier kann sich Marc Eichmann dann getrost Zeit lassen. Wer bereits zwei gute Transfers gemacht hat, dem traut man dann auch einen dritten und vierten zu. Diese sind dann "nur" noch für den sportlichen Erfolg mit verantwortlich. Die wichtigsten Sponsoren-Verträge sollten dann unter Dach und Fach sein.