Mit Zweckoptimismus ins Glück?
Das Stahlbad der Gefühle in Langnau - aber es besteht Grund zur Hoffnung
Die Fans machen auf Zweckoptimismus? Wie sollen sie auch anders? Das Gleiche gilt für die Führung, den Staff und die Spieler der SCL Tigers. Daraus kann der totale Absturz resultieren, aber auch der Höhenflug ins Glück. Vorerst ist es aber für alle ein Stahlbad zwischen Hoffnung und Hoffnungslosigkeit. Machen wir das Beste draus!
"Du muesch haut positiv täiche!" Diesen Satz hört man jetzt viel. Und er ist gleichzeitig richtig und falsch. Richtig ist er, weil man in dieser Sitution sowieso nichts anderes tun kann, als zu hoffen. Und Hoffnung ist ja nicht auf ein negatives Ereignis ausgerichtet. sondern auf den Ligaerhalt und die Erreichung der Pre-Playoffs. Immerhin ist noch kein einziges Meisterschaftsspiel gespielt. Wenn aus den drei Startspielen gegen die ZSC Lions, den EV Zug und den HC Ajoie drei einigermassen achtbare Resultate mit einem Sieg zumindest gegen die Jurassier herausschaut, ist die Welt rund um die Ilfishalle forderhand einigermassen in Ordnung. Die Mannschaft sollte einfach zu Beginn nicht zu häufig verlieren. Ewige Niederlagen zerren an der mentalen Verfassung. Deshalb ist ein eingermassen passabler Start in die neue Meisterschaft äusserst wichtig. Und dann kann vieles passieren. Viele Fans erinnern sich noch an die Saison 2010/11. Da waren die Langnauer auch klarer Abstiegskandidat. Heraus kam die erste Playoff-Quali überhaupt. Die Mannschaft von John Fust kam nicht zuletzt dank den überragenden Leistungen von Torhüter Benjamin Conz in einen Lauf. Als Vorteil könnte sich auch diesmal erweisen, dass den Emmentalern niemand etwas zutraut. In fast allen Prognosen belegen sie den letzten Platz. Negativ überraschen kann die Mannschaft also eigentlich nicht mehr. Weshalb also nicht positiv?
Das Minimalziel auch in dieser Meisterschaft für jede Mannschaft muss das Erreichen zumindest der Pre-Playoffs sein. Dies gilt auch für die SCL Tigers, auch wenn das Unterfangen aussichtslos erscheint. Man darf einfach die Zielsetzung nicht mit deren Erreichung vergleichen. Sportler sollen sich hohe Ziele setzen. Sonst müssen sie gar nicht erst antreten. Nur wer sich hohe Ziele setzt, kommt weiter.
Weshalb es eben doch nur Zweckoptimismus ist
Aus den letzten 28 Spielen (20 Meisterschafts- und 8 Testspiele) resultierten 26 Niederlagen. Aus acht Testspielen konnten die Langnauer lediglich ein Einziges gewinnen, dasjenige gegen den unterklassigen SC Langenthal, eine Mannschaft, welche längst nicht mehr in der Verfassung ist wie in ihren meisterlichen (Swiss League) Jahren. Gegen alle Mannschaften aus der gleichen Liga verlor die Mannschaft von Coach Thierry Parerlini mehr oder weniger deutlich. Aus den letzten drei Testspielen resultierte kein einziger Torerfolg. Das sind wahrlich keine guten Argumente. Und es sind wahrlich keine guten Referenzen. Mehr als ein aufgesetztes positives Denken kann man diesen Resultaten beim besten Willen nicht abgewinnen.
Die Torhüter sollen das Problem sein, war im Vorfeld viel zu lesen. Luca Boltshauser habe noch nie eine Saison durchgespielt und Stéphane Charlin habe noch keine Erfahrung und sei deshalb kein valabler Ersatz, war zu vernehmen. Das mag alles stimmen. Aber die Torhüter sind so lange nicht das Problem, als die Vorderleute keine Tore zustande bringen. An den Torhütern haben die Niederlagen nicht gelegen (ausser vielleicht gegen Mannheim). Stéphane Charlin hat in der Partie gegen Lugano gezeigt, dass er ein guter Hüter sein kann. Auch die Defensive macht insgesamt keine schlechte Falle. Das darf sie auch nicht. Sonst kommt die Führung bald unter Druck. Denn wer ohne Not den besten Blocker der Liga abgibt, muss wahrlich mit Verteidigern gesegnet sein.
Aber was ist mit der Offensive los? Wer keine Tore schiesst, kann nicht gewinnen. Nie! Das ist auch nicht gut fürs Gemüt. Selbst wenn sich ein Team Chancen herausspielt, wenn es keine davon verwerten kann, macht dies etwas mit den Spielern. Das geht ans Selbstvertrauen.
Überhaupt sollte das Selbstvertrauen, das positive Denken nicht aufgesetzt sein. Denn ist es aufgesetzt, fällt es in sich zusammen wie ein Kartenhaus, wenn es weiterhin nicht läuft. Momentan ist jedoch in Langnau kein anderes positives Denken möglich als ein aufgetztes. Darum ist die Saison 2022/23 für die SCL Tigers auf einem Kartenhaus gebaut. Wackelig und bei jedem lauen Lüftchen höchst gefährdet. Immerhin wird es wohl eine lange Saison. Und es bleibt spannend bis zum Schluss.
Wer noch kein Saisonabi hat, soll sich noch eines erwerben. Kein TV- oder Kinofilm kann so spannend sein wie die Saison der SCL Tigers. Und immerhin hat es ja auch Luft gegen oben. Man erinnere sich an die Saison 2010/11.
Machen doch die Torhüter Hoffnung?
Wir bleiben noch einen Moment bei der Saison 2010/11. Da hat uns doch eine junge Leihgabe aus Genf, der Torhüter Benjamin Conz, in die Playoffs gehext. Das hätte damals niemand gedacht. Conz war eine Notlösung. Die Nr 3 oder Nr. 4 in Genf. Für ein paar Spiele nach Ambri ausgeliehen und hatte dort überzeugt. Aber es waren halt lediglich ein paar Spiele. Hinsichtlich einer ganzen Saison bedeutet dies nichts. Die Experten waren jedenfalls überhaupt nicht überzeugt. Doch es kam anders!
Stéphane Charlin ist jung (nicht ganz so jung wie Conz damals) und er kommt als Leihgabe von Genf. Die Experten sind nicht überzeugt, wie sie von der ganzen Torhüterlösung der Langnauer nicht überzeugt sind. Immerhin haben die meisten Prognostiker (auch FANTIGER) die Mannschaft auf den letzten Platz gesetzt. Trotzdem kann es sein, dass wir dank Luca Boltshauser und Stéphane Charlin eine sehr positive Überraschung erleben werden. Die beiden Hüter können ja eigentlich nur gewinnen in Langnau. Ideale Voraussetzungen, um über sich hinauszuwachsen. Und wenn dann die Stürmer noch treffen...
Wer kein Saisonabi hat, verpasst vielleicht die grösste Überraschung der SCL Tigers seit 2011.
Positiv täiche!