Marc Lüthis Argumente ziehen nicht:

Der Versuch, die Ligareform zu erklären, ist gescheitert

Marc Lüthi meldete sich gestern auf dem Fernsehsender MySports und erklärte "seine" Ligareform. Doch der ansonsten weitsichtige CEO des SC Bern scheiterte kläglich. Unter anderem deshalb, weil er die Dinge nur aus seiner Sicht sieht.

Blog • • von Bruno Wüthrich

Marc Lüthi bei einem Gespräch mit FANTIGER-online im September 2017. Bild: Marcel Bieri

 

Ohne jeden Zweifel ist Marc Lüthi eine der weitsichtigsten Personen im Schweizer Sport. Er hat mit "seinem" SC Bern unser Eishockey die letzten zweieinhalb Jahrzehnte ähnlich geprägt wie Simon Schenk mit dem SC Langnau, den ZSC Lions und der Schweizerischen Nationalmannschaft und wie Arno Del Curto als Coach des HC Davos. Müssen wir deshalb Marc Lüthi blind vertrauen?

Nein! Das müssen wir nicht. Und das sollten wir auch besser nicht tun. Zumindest nicht bei der von ihm angedachten Ligareform. Denn er hat dabei nicht das Schweizer Eishockey an sich, sondern nur die National League, und in dieser nur den SC Bern im Blick. Und es ist noch nicht einmal sicher, dass sich für die Berner auszahlen würde, was er im Sinn hat.

Die Kernpunkte der Ligareform

a) Die Anzahl Ausländer

Marc Lüthi sagt sinngemäss, das Angebot auszuweiten, habe sich noch immer positiv auf die Preise ausgewirkt. Aus ökonomischer Sicht hat er natürlich völlig recht. Ersticken die Migros und Coop in einer Raviolischwemme, sinkt der Preis dieses Büchsenproduktes. Wenn man nicht aufpasst, sogar ins bodenlose. Aber was bitteschön hat unser Eishockey mit Ökonomie zu tun? In einer Sportart, in der nicht die Preise, sondern der sportliche Erfolg das Mass der Dinge ist. In einer Branche, in welcher nur höchst selten Gewinne angestrebt werden, sondern jeder einzelne Franken, der nicht der Infrastuktur geschuldet ist, sofort und unwiederbringlich auf die Lohnkonten der Angestellten und Mandatsträger fliesst. Mit andern Worten: Gut möglich, dass die Klubs bei den Löhnen von Spielern mit Schweizer Lizenz - die ja dann auch tatsächlich Schweizer sein müssten - Geld sparen. Dafür wird die Nachfrage nach ausländischen Arbeitskräften, deren Markt bei der Qualität, die in der Schweiz benötigt wird, ebenfalls beschränkt ist, markant steigen. Unter dem Strich kann man die angestrebte Einsparung getrost vergessen. Das wird sich eher ins Gegenteil verkehren.

b) Abschaffung des Abstiegs

Marc Lüthi sagt sinngemäss, dass es Klubs wie den SCL Tigers, den Lakers aus Rapperswil und dem HC Ambri-Piotta nützt, wenn sie sich nicht mehr vor dem Abstieg fürchten müssen. Weil sie dann nämlich besser planen können. Sie könnten dann mit ihren Sponsoren besser und vor allem früher verhandeln, weil ja dann immer klar wäre, dass diese Klubs, die sonst mit ziemlicher Regelmässigkeit immer wieder abstiegsgefährdet sind, in der obersten Liga beschäftigt sind.

Der CEO des SC Bern hat mit seinem Klub bereits viel erlebt. Doch in den Abstiegskampf war er noch nie ernsthaft involviert. Die einzige Saison, in welcher die Berner ernsthaft gefärdet waren, wäre die letzte gewesen. Der Abruch wegen der Corona-Pandemie muss für die Hauptstädter wie ein Befreiungssschlag gewesen sein. Offenbar ist das Abstigsgespenst dem "Chole-Marc" derart eingefahren, dass er nun den Abstieg gleich ganz abschaffen möchte. Plötzlich fühlt er sich in einem Boot mit den SCL Tigers, den Rapperswil-Jona Lakers und dem HC Ambri-Piotta. Aber es wird klar ersichtlich, dass bei Lüthi in ökonomischen Fragen rund um den Abstieg noch keinerlei Kompetenz vorhanden ist. Denn sonst wüsste er, dass jedes Sponsoring mit Emotionen verbunden ist. Es muss in jeder Ranglistenposition etwas zu gewinnen und zu verlieren geben. Sonst verlieren Sponsoren bald mal das Interesse. Weil dann nämlich auch das Interesse der Zuschauer zurück geht. In der DNA der SCL Tigers, der Lakers aus Rapperswil und des HC Ambri-Piotta ist der Überlebenskampf enthalten. Sie wissen damit umzugehen. Für die Sponsoren dieser Klubs ist es ein Erfolg, wenn ihre Kunden die Liga halten können. Wenn es auch bei ihnen etwas zu feiern gibt. Wenn es für die Zuschauer in jedem Spiel - bis zum Ende der Saison - ungeachtet der momentanen Situation in der Tabelle - um etwas geht. Wird dieser sportliche Wettkampf am Tabellenende weggenommen, wird dies spätestens nach zwei Saisons ökonomisch für diese Klubs nicht mehr aufgehen. Weshalb soll ein Sponsor ein blosses Mitwirken eines Klubs unterstützen, wenn es um nichts mehr geht? Eine Frage, die uns auch Marc Lüthi nicht beantworten kann.

c) Financial Fairplay

Um was es beim "Financial Fairplay" geht, ist inzwischen sattsam bekannt. Marc Lüthi will sowohl eine Lohnober- wie auch eine Lohnuntergrenze. Mit Verlaub: Da lohnt es sich kaum, ernsthaft darauf eingehen zu wollen.

Es ist völlig klar, dass vor allem die Lohn-Obergrenze überhaupt keine Rolle spielt. Denn ist ein Klub wie die ZSC Lions, der HC Lugano, der EV Zug oder der HC Davos an einem Spieler ernsthaft interessiert, hat aber die Lohnobergrenze bereits erreicht, so hätte er künftig folgende Möglichkeiten:

- Der Klub bezahlt die angedrohte Busse, was für Leute wie Walter Frey und Vicky Mantegazza problemlos möglich ist. Der Klub braucht diese noch nicht einmal zu budgetieren. Doch wen kümmert es, wenn diese Strafzahlungen gleich zum Vornherein ins Budget genommen würden.

- Notfalls könnten auch Sponsoren und andere Geldgeber Teile der Löhne gleich direkt bezahlen. Wie möchte Marc Lüthi kontrollieren, dass Sponsoren nicht verbotenerweise einen Teil der Löhne der künftig vielen ausländischen Spieler direkt auf deren ausländische Konten überweisen? Da lohnt sich noch nicht einmal der Versuch. Zumal ja der SC Bern davon auch profitieren könnte.

Jedem nur einigermassen denkenden Individuum ist sofort klar, dass das "Financial Fairplay" ein zahnloser Papiertiger sein wird.