Sportchef Bayer bestätigt:

"DiDo" geht. Doch was bedeutet dies für die SCL Tigers?

Tigers-Sportchef Marco Bayer bestätigt den Abgang von Chris Didomenico auf das Ende der laufenden Saison. So bedauerlich dieser Abgang auch ist, so schnell kann der damit verbundene Schock in Langnau überwunden sein.

Blog • • von Bruno Wüthrich

Die Mitteilung per WhatsApp ist kurz und knackig. Absender ist Langnaus Sportchef Marco Bayer: «DiDomenico verlässt Ende Saison die SCL Tigers. Chris DiDomenico wird die Option einer Vertragsverlängerung bei den Tigers nicht eingehen und die Tigers per Ende dieser Saison verlassen. Die Tigers bedauern den Entscheid von DiDomenico wie aber auch, dass die nach dem Spengler-Cup geplanten Gespräche über eine weitere Zusammenarbeit hinfällig werden.» Obwohl noch nicht bestätigt, wird allgemein davon ausgegangen, dass sich der Kanadier Gottéron anschliessen wird.

Nun kann man sich fragen, was denn da falsch gelaufen ist. "DiDo" selbst hatte doch gesagt, er möchte seine Karriere in Langnau beenden. Doch dann wurde in einem Interview, welches Marco Bayer der Berner Zeitung gewährte, offenbar, dass die sportliche Führung vom Kanadier eine Leistungssteigerung erwarte, weil andernfalls eine Vertragsverlängerung nicht sicher sei. Nun kann man über eine solche Aussage geteilter Meinung sein. Man kann sie sozusagen "tigers-freundlich" oder "dido-freundlich" interpretieren.

Die dido-freundliche Interpretation

Der Kanadier ist der emotionale und kämpferische Leitwolf der SCL Tigers. Er hasst es, zu verlieren. Wenn er in Form ist, glänzt er durch geniale Momente und setzt Akzente. Er ist Langnaus zweitbester Skorer und bucht fast einen Punkt pro Spiel (27 Spiele, 8 Tore, 16 Assists, 26 Punkte). Nur Harri Pesonen war in dieser Beziehung noch besser. DiDomenico ist ein sensibler Freigeist. Solche Spieler haben ein Anrecht auf spezielle Pflege. So gesehen erscheint es tatsächlich unglücklich, in einer sensiblen Phase in der Öffentlichkeit derartige Aussagen zu machen.

Die tigers-freundliche Interpretation

Die Leistungen von Chris DiDomenico waren und sind oft schwankend. Aus der Erfahrung wissen wir, dass "DiDo" nach dem Spengler-Cup einige Spiele braucht, um wieder in Normalform zu kommen. Dies ist mit ein Grund, weshalb in Langnau nicht alle gerne sehen, dass er sich nicht davon abhalten lässt, an diesem Turnier, dessen sportlicher Wert umstritten ist, teilzunehmen. Zumal es ja die SCL Tigers sind, die seinen Lohn bezahlen und die auf die möglichst optimale Leistung eines jeden Spielers angewiesen sind. Unter all den Skorerpunkten wird auch übersehen, dass der Kanadier eine -1 - Bilanz aufweist. Die +/- Bilanz zeigt auf, bei wie vielen Toren und Gegentoren ein Spieler auf dem Eis stand. -1 bedeutet, dass die SCL Tigers ein Gegentor mehr erhalten haben, als sie selbst geschossen haben, wenn der 30-Jährige auf dem Eis stand. In dieser Bilanz, in welcher die Tore in den Spezialdisziplinen Box- und Powerplay nicht gezählt werden, ist der Kanadier lediglich die Nr. 19 der Mannschaft. Spitzenreiter ist Harri Pesonen mit +20! Die Aussage von Bayer spricht zudem dafür, dass die Ansprüche der SCL Tigers eben nicht mehr so leicht zu erfüllen sind, wie dies früher der Fall war. Seit einigen Jahren sind in Langnau Profis am Werk. Angefangen hat dies mit Jörg Reber, der von vielen unterschätzt wurde. Aber auch Marco Bayer ist ein Profi.

Fazit:

Der Abgang von Chris DiDomenico ist bedauerlich, egal welche der oben aufgeführten Versionen man bevorzugt. Wichtig ist nun, dass ein adäquater Ersatz gefunden wird. Am besten einer, durch den die SCL Tigers zuweilen in den Medien auftauchen. Denn man kann es nicht genug betonen: Wer an grössere Sponsorentöpfe will, muss in den Medien vertreten sein. Anders schaut keiner hin, vor allem nicht, so lange nicht mit einem Playoff-Final gerechnet werden darf. Sportlich ist aber der Verlust von DiDomenico durchaus zu verkraften. Aber nicht mit einem Dutzend-Transfer. Marco Bayer hat es nun in der Hand, den Schock des Langnauer Anhangs mit einem guten Transfer aufzufangen. Er muss sich damit ja nicht beeilen. Gelingt ihm dies, wird in der Saison 20/21 kaum mehr jemand dem Abgang von DiDo nachtrauern.

War es eine Kommunikationspanne

Es bleibt aber die Frage, ob es eine Kommunikationspanne war, dass Chris DiDomenico von den Zweifeln der sportlichen Führung an einer Vertragsverlängerung aus der Presse erfahren musste. Auch hier kann man geteilter Meinung sein: Sind es denn nicht die SCL Tigers, die normalerweise äusserst defensiv kommunizieren? Die fast schon eine richtige Paranoja schieben, sie könnten von irgendeinem Berichterstatter falsch verstanden werden? Die deshalb aufpassen wie die Häftlimacher, dass ja keine heikle und schon gar keine negative Meldung in die Medien gelangt? Richtig! Genau so ist es. Und ist es nicht so, dass die gröbsten Fehler gerade dann passieren, wenn man sich vor Angst beinahe?... - aber lassen wir das!

Doch gerade wenn man die sonst defensive Kommunikation der SCL Tigers mit berücksichtigt, kann man durchaus zu der Erkenntnis kommen, dass das besagte Interview ein richtiger Hammer war.

Allerdings ist gerade Marco Bayer zumindest zum Teil die kommunikative Ausnahme. Er ist einer der einzigen Sportchefs, der nicht den Medienchef an die Pressekonferenz vor dem Spiel schickt, sondern selber hingeht und sich allfälligen, wenn auch seltenen Fragen stellt. Dabei zeichnet sich Bayer durchaus auch durch Vorsicht aus. Aber er schätzt die Wichtigkeit der Medien richtig, oder zumindes besser ein als viele seiner Mitstreiter bei den SCL Tigers. Er weiss, dass die Journalisten auf keinen Fall einfach nur die Sekretäre der Sportabteilung sein können und wollen, weil sie nämlich auf diese Weise ihrem Beruf nicht gerecht werden.

Aber Marco Bayer ist es zuzutrauen, dass er genau wusste, was er tat, als er der Berner Zeitung dieses Interview gewährte.