Antrittsgage weggeschenkt:
Eine kritische Betrachtung des «Team Bern – Deals»
Statt einer Antrittsgage 100 Hotelzimmer für eine Woche gratis. Einmal mehr sind die Verantwortlichen des HC Davos die besseren Geschäftsleute als ihre Kontrahenten aus dem Unterland. Team Bern hätte wesentlich mehr aus der Rettungsaktion für den Spengler Cup herausholen müssen.
Zuerst eine kleine Begebenheit, die eigentlich wenig mit der Sache zu tun zu haben scheint, die aber bei kritischer Betrachtung und entsprechenden Schlussfolgerungen eben doch eine Rolle spielen könnte: Eine junge Bekannte aus dem Kanton Uri, seit frühester Kindheit glühende Ambri-Fanin, hat sich für die Dauer des Spengler Cups ein Zimmer im Hotel Davoserhof in Davos gebucht. Dafür hat sie 850 Franken bezahlt. Sie wollte ihren HC Ambri-Piotta auch am Turnier in den Bündner Bergen sehen. Jetzt, da Ambri in Quarantäne weilt und nicht am Anlass teilnehmen kann, geht dieser Fanin der Spengler Cup am Allerwertesten vorbei. Sie ist bereit, das Zimmer vergünstigt abzugeben. Ihre Kontaktdaten sind bei mir erhältlich.
So weit, so gut. Oder eben so schlecht. Besagte Dame aus dem Urnerland ist ja nicht einfach so bereit, das Zimmer abzutreten. Sie hat zuvor versucht, ihre Buchung zu stornieren. Das geht aber offensichtlich nicht. Das heisst, eine Stornierung wird nicht akzeptiert. Wenn also das Zimmer nicht weiterverkauft werden kann, bleibt sie darauf sitzen oder muss sich statt des HC Ambri-Piotta das Team Bern reinziehen. Das möchte sie nun aber wirklich nicht.
Aber wie ist das eigentlich bei den Hotelzimmern, welche der HC Davos für die Entourage des Teams Kanada bestellt hat? Wäre da ebenfalls keine Stornierung möglich gewesen. Das ist eine offene Frage. Wir müssen mit folgenden Unbekannten auskommen (bzw. die entsprechenden, sich daraus ergebenden Möglichkeiten in Betracht ziehen).
- Die Stornierung der 100 Zimmer ist nicht möglich
- Die Stornierung ist jederzeit ohne Auflagen möglich
- Die Stornierung ist unter gewissen Voraussetzungen (z.B. Absage Spengler Cup, Rückzug einer Mannschaft) möglich.
Ebenfalls unbekannt ist der Deal zwischen der Veranstalterin und den Kanadiern. Hätten diese ebenfalls eine Antrittsgage kassiert? Wäre diese mit den 100 Hotelzimmern verrechnet worden? Oder hätten die Kanadier die Zimmer zusätzlich zu der Antrittsgage zu gut gehabt?
Die Vermarktung der Zimmer wird schwierig
Was wir wissen (bzw. vermuten zu wissen) ist, dass sich die Hotelzimmer für die teilnehmenden Klubs, also für die SCL Tigers, den SC Bern und den EHC Biel vermarkten lassen. Die drei Organisationen können also zum Beispiel Sponsoren oder solche, die es werden könnten, nach Davos einladen, mit ihnen Zeit verbringen und Deals einfädeln. Diese Zimmer können sich also durchaus rechnen.
Nur – die Zeit dafür ist kurz. Zumal wohl viele ihre Zeit in der Altjahrswoche längst verplant haben. Zu vermuten ist, dass keine der drei Organisationen, also weder die SCL Tigers, noch der EHC Biel noch der SC Bern von diesem kurzfristigen Engagement nachhaltig wird profitieren können. Dies käme dann schon einer Meisterleistung gleich. Viel eher ist damit zu rechnen, dass man die eigene Entourage und vielleicht den einen oder anderen bisherigen Sponsor damit beglückt, allerdings ohne Aussicht darauf, dass dieser deswegen sein Engagement aufstockt. Der Nutzen dürfte vor allem wegen der Kurzfristigkeit der Aktion sehr bescheiden sein. Also doch einfach nur Party!
Umso unverständlicher ist deshalb der Verzicht auf die Antrittsgage. Wobei diese durch drei hätte geteilt werden müssen. Und die je ca. 25'000 Franken hätten den Braten – wir sprechen von Millionenbudgets der Klubs – auch nicht feiss gemacht.
Feiss wird aber der Braten für den HC Davos. Sofern nicht noch das BAG oder andere pandemische Umstände dem diesjährigen Spengler Cup den Garaus machen, werden die Steinböcke auch diesmal wieder einige Millionen einstreichen, die ihnen den Spielbetrieb auf hohem Level weiterhin ermöglichen. Es wären übrigens auch dann mehrere Millionen, wenn die Langnauer, Berner und Bieler besser gedealt und deutlich mehr für sich herausgeholt hätten. Weshalb die Zimmer nicht zusätzlich zur Antrittsgage gratis übernehmen? Weshalb nicht unter diesen besonderen Umständen sogar die doppelte oder dreifache Antrittsgage statt gar keine? Denn dass ein Team Bern so kurzfristig einspringt, ist für die Davoser sowieso ein riesiger Win. Und zwar selbst dann, wenn man auch beim Team Bern darauf geachtet hätte, dass der Win für die SCL Tigers, den EHC Biel und den SC Bern etwas grösser geworden wäre.
Weshalb der Spengler Cup so unbestritten ist
Aber selbst Marc Lüthi wagt es inzwischen nicht mehr, sich offen kritisch zum Spengler Cup zu äussern. Zumindest in dieser Frage ist der CEO und Mitbesitzer des SC Bern zum scheinbar rückgratlosen Wendehals mutiert. Weil man heute immer mehr Meinungen zumindest offiziell nicht mehr haben darf. Begonnen hat diese Entwicklung mit der Ächtung von durchaus heiklen Meinungen. Dass heute gewisse rassistische, sexistische oder anderweitig herabsetzende Meinungen und Aussagen nicht mehr gehen, ist völlig in Ordnung. Aber der Trend hat sich fortgesetzt. Und es scheint, als wäre dieser längst im Schweizer Eishockey angekommen. Ein Offizieller, sie dies nun ein Spieler, Trainer oder ein Verwaltungsrat eines Klubs, der sich gegen den Spengler Cup äussert, geht irgendwie gar nicht. Man hat heute durch alle Böden hindurch diesen Anlass zu lieben und zu verteidigen. Sonst gilt man als Neider. Und Neid gilt als ungutes Gefühl, als niedriger Motivator, als Unsympath.
Dabei ist Neid ein Gefühl, das jede/n von uns von Zeit zu Zeit beschleicht. Die einen mehr, die andern weniger. Und wenn man Argumente gegen den Spengler Cup hat, - sachliche Argumente sind gemeint – weshalb darf man dann nicht zugeben, dass auch etwas Neid im Spiel ist? Was ist denn falsch daran, zuzugeben, dass man neidisch ist darauf, dass zwölf Klubs stramm zu stehen und still zu halten haben, während sich ein Klub die Kassen füllt, und später mit voller Kriegskasse die Spieler bei der Konkurrenz abwirbt?
So lange es den Bündnern gelingt, allen andern in der Liga ein schlechtes Gewissen bereits dann einzureden, wenn diese nur schon mal einen kritischen Gedanken an den Spengler Cup verschwenden, so lange werden sie keinerlei Probleme haben, ihre Interessen gegenüber der Konkurrenz durchzusetzen.
Aber wehe, wenn man im Unterland beginnt, zu seinen eigenen, negativen Gefühlen zu stehen. Dann wackelt alles.