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Gibt es einen Meister? Gibt es Aufsteiger?

Dass Playoffs nicht gespielt werden, hielt bisher niemand für möglich. Entsprechend steht in den Reglementen nicht, wie jetzt zu verfahren ist. Werden die ZSC Lions Meister? Steigen Kloten und sogar Visp in die National League auf? Heute Mittag ab 13.00 Uhr wird darüber entschieden.

Blog • • von Bruno Wüthrich

Derzeit sind die Medien voll von Spekualationen und von Kommentaren (Meinungsmache), was denn jetzt das Beste sei. Dabei gibt es fast für jede Forderung gute Argumente. Zum Beispiel, dass die Qualifikation aufgewertet würde, wenn in solchen Fällen der Qualisieger automatisch Meister würde. Das würde bedeuten, dass der SC Bern durch die ZSC Lions enttront würden. Isoliert betrachtet, könnte damit unser Eishockey durchaus leben. Doch was für die oberste Spielklasse gilt, müsste ja dann wohl für die Swiss League ebenfalls gelten. Und schon haben wir das erste Problem. Der Titelgewinn auf zweithöchster Stufe bedeutet ja noch nicht automatisch Aufstieg. Denn da wäre ja noch die Ligaqualifikation gegen den Letzten der National League zu spielen. Dies entspricht über die Jahre gerechnet in etwa einer 50:50 Chance, machnmal etwas mehr, manchmal etwas weniger. Entscheidend ist, in welcher Verfassung sich der Vertreter aus der höchsten Spielklasse befindet. In der gegenwärtigen Situation müssten die Rapperswil-Jona Lakers als Letzter der Qualifikation die Ligaquali bestreiten. Die Lakers hinterliessen zuletzt einen sehr guten Eindruck, konnten immer wieder punkten und bewiesen aufsteigende Form. Schlechte Aussichten also für den Unterklassigen.

Trotzdem wird es heute um 13.00 Uhr in Ittigen, wo die Klubvertreter der beiden obersten Ligen unseres Eishockeys tagen, darum gehen, über die Aufstiegsgesuche des EHC Kloten und des EHC Visp zu entscheiden. Allgemein werden den beiden Klubs zurecht wenig Chancen eingeräumt, ihre Aufstiegsträume auf diesem Weg real werden zu lassen. Es sprechen zu viele sachliche Argumente dagegen.

In der Swiss League sind erst die Viertelfinals in den Playoffs ausgespielt. Noch lässt sich überhaupt keine Aussage darüber machen, wer denn nun Favorit ist auf den Titel. Ist es tatsächlich der EHC Kloten, nur weil dieser die Qualifikation dank des besseren Torverhältnisses gewonnen hat? Die Klotener sind einer der Favoriten. Schon klar. Aber der nach der Qualifikation punktgleiche HC Ajoie hat seine Viertelfinal-Serie gegen den HC La Chaux-de-Fonds mindestens ebenso souverän gewonnen wie der EHC Kloten gegen die GCK Lions. Und dann wäre ja da auch noch der letztjährige Meister der Swiss League. Der SC Langenthal hat den EHC Olten, neben Kloten der meistgenannte Aufstiegsaspirant, sowas von souverän aus dem Championat gepfeffert, dass ihm auch gegen den EHC Kloten eine reelle Chance zuzurechnen wäre. Und auch den EHC Visp sollten wir nicht ganz vergessen. Die Oberwalliser waren zwar nur Vierte nach der Qualifikation. Doch gerade die Fans der SCL Tigers mögen sich noch erinnern: Als der HC Lausanne in Frühjahr 2013 die Langnauer in die Swiss League versenkte und selber in die National League aufstieg, starteten die Waadtländer das Unterfangen ebenfalls vom vierten Qualirang aus. Dies beweist aber auch, dass ein Sieg in der Qualifikation auch in der Swiss League noch nicht viel bedeuten muss. Immerhin: Als die SCL Tigers 2015 oder die Lakers 2018 wieder in die National League aufstiegen, taten sie dies nach zuvor überzeugenden Siegen in der Qualifikation.

Doch gerade der Aufstieg der Langnauer zeigte, wie hart der Weg nach oben sein kann. Nicht die Ligaquali war 2015 das Problem, denn da putzen die Tiger die Lakers gleich mit 4:0 weg. Die wirklich harte Nuss stellte sich den Langnauern im Playoff-Final entgegen. Der EHC Olten führte in der Serie gegen die Emmentaler noch mit 3:2, bevor diese die Sache noch kehren konnten. Die damals desolaten Lakers waren danach kein Gradmesser mehr. Das wäre wohl in diesem Jahr völlig anders!

Wäre das Corona-Virus nicht, hätten die aufstiegswilligen Mannschaften noch drei harte Serien zu gewinnen, bevor der Aufstieg realisiert werden würde. Auf dem Weg nach oben könnten sowohl der EHC Kloten als auch der EHC Visp noch mehrfach scheitern. Einer der Beiden würde ganz sicher scheitern, denn mehr als einer kann auch in der Swiss League die Meisterschaft nicht gewinnen.

Trotzdem gibt es Befürworter von gleich zwei Aufsteigern. Sie argumentieren, dass bei 14 Mannschaften in der obersten Spielklassen einfach vier Runden (ohne Zusatzrunden) gespielt werden könnten, und man dann auf eine ähnliche Anzahl Spiele (52) kommen würde. Damit haben sie völlig recht. Zumal die sechs Zusatzrunden wirklich ein Ärgernis darstellen. Also doch zwei Aufsteiger?

Nein! 14 Mannschaften in der National League müssten mit Spielern versorgt werden. Viele Mannschaften haben bereits jetzt zu viele Mitläufer in ihren Teams, die sie zum Teil völlig überrissen bezahlen müssen. Weitere zwei Mannschaften würden die Preise auch von mittelmässigen Spielern in astronomische Höhen steigen lassen. Denn das "Gesetz", dass Angebot und Nachfrage den Preis bestimmen, gilt auch im Sport. Die Folge davon wäre, dass Klubs wie die SCL Tigers oder der HC Ambri-Piotta noch einmal deutlich höhere Budgets fahren müssten und trotzdem an Qualität einbüssen würden. Zu erwarten ist zudem, dass die jetzt aufstiegswilligen EHC Kloten und EHC Visp mittelfristig die nötigen Budgets für die National League nicht aufbringen können. Die Klotener sind ja 2018 in erster Linie wegen finanzieller Turbulenzen abgestiegen.

Zudem darf die National League bei solchen Entscheiden nicht nur auf sich schauen, sondern hat viel mehr dafür zu sorgen, dass auch in der Swiss League eine attraktive Meisterschaft gespielt wird. Dies wäre mit dem Aufstieg von zwei starken Mannschaften ohne Absteiger nicht mehr gegeben. Und was wäre mit dem EHC Olten? Die Powermäuse haben zwar ihre Viertelfinalserie gegen den überraschend starken SC Langenthal verloren. Aber wen kümmert dies, wenn sowieso am grünen Tisch aufgestiegen wird?