Berner Zeitung

Nächster Akt im Langnauer Drama

Die miserable Langnauer Saison fordert wieder ein Opfer: Trainer Alex Reinhard steht ab sofort nicht mehr an der Bande. Sportchef Köbi Kölliker und der ehemalige Coach Alfred Bohren sollen das Team vor dem Abstieg retten.

Presse • • von Philipp Rindlisbacher

 

Trifft sich der Langnauer Verwaltungsrat in der Ilfishalle neben dem VIP-Bereich auf der Jakob-Galerie, herrscht bald darauf Flugwetter. Das war im Winter sowohl vor der Freistellung John Fusts als auch vor der Entlassung Ruedi Zesigers der Fall gewesen. Am Dienstag steckten die Verantwortlichen nach der 3:4-Niederlage der Tigers in der Ligaqualifikation gegen NLB-Meister Lausanne und dem 1:2-Rückstand in der Serie erneut die Köpfe zusammen. Einstimmig kamen sie zum Schluss, Trainer Alex Reinhard zu beurlauben. Bis zum Saisonende (spätestens am 18.April) übernehmen Sportchef Köbi Kölliker und Alfred Bohren als Assistent die Verantwortung. Es ist der nächste Akt im Langnauer Drama.

 

Gleichermassen logisch und überraschend ist es, dass ausgerechnet Köbi Kölliker die SCL Tigers vor dem Abstieg retten soll. Bei seiner Verpflichtung Mitte Saison hatten nicht wenige gedacht, dass er dereinst an der Bande stehen würde. Die Klubführung bekräftigte zuletzt aber mehrmals, dass der 59-Jährige das Coaching nicht übernehmen würde. Gestern aber meinte Geschäftsführer Wolfgang Schickli, Kölliker sei die einzige Option gewesen. Nur mit Ex-Kloten-Trainer Tomas Tamfal waren Gespräche geführt worden, der Tscheche, ein alter Bekannter Schicklis, wäre interessiert gewesen. «Tamfal ist aber kein Feuerwehrmann. Er war als Assistent ein Kandidat», liess Schickli verlauten.

 

Bohrens Spontaneität

Kölliker, der die Langnauer 1998 in die NLA geführt hatte, später jahrelang im Nationalteam Ralph Krueger assistierte und vor Jahresfrist als Nationaltrainer von Deutschland scheiterte, entschied sich jedoch für seinen guten Kollegen Alfred Bohren. Dieser wiederum betritt kein Neuland. Der 56-Jährige aus Lützelflüh hatte 1976 dem Langnauer Meisterteam angehört, in den Saisons 2001/2002 und 2002/2003 wirkte er einige Monate als Cheftrainer. Im helvetischen Verband kümmert er sich seit geraumer Zeit um Auswahlteams, in dieser Saison führte er zudem die Elitejunioren des SCB in den Playoff-Final.

 

Kurz nach 8 Uhr sei er von Kölliker angerufen worden, meinte Bohren gestern. «Ich schaute mir im Büro die NHL-Highlights an, wollte gerade frühstücken.» Seine Hilfe habe er, ohne zu zögern, zugesichert; umgehend machte er sich auf den Weg nach Langnau, schloss im Eifer des Gefechts gar die Lebenspartnerin in der Wohnung ein. Über Geld sei nicht gesprochen worden, so Bohren. «Im Emmental ist es normal, dass man hilft, wenn sich jemand in Not befindet.» Natürlich liegt der Verdacht nahe, dass sich Kölliker und Bohren bereits vor dem Spiel am Dienstag über die Situation in Langnau unterhalten hatten. Wolfgang Schickli sagte, er habe sich seinen Start bei den Tigers natürlich anders vorgestellt. «Wir mussten aber einen Impuls setzen. Nun stehen die Spieler in der Verantwortung, sie können sich nicht mehr verstecken.» Alex Reinhard tue ihm leid, «er hat viel gearbeitet, wirkte am Ende etwas ausgebrannt.

 

Irgendwann kommt ein Coach wohl an den Punkt, an dem seine Worte nicht mehr genug Wirkung erzielen.» Reinhard seinerseits, den der Grossteil des Teams sehr schätzte, meinte, er sei überrascht und brutal enttäuscht vom Entscheid der Klubführung. «Es war ein politischer Beschluss, der wohl auch wegen des Drucks von aussen gefällt wurde.» Nach viermonatiger Amtszeit stolperte der stets ruhige und freundliche Zeitgenosse vielleicht auch darüber, dass er kaum Emotionen zeigte. Derweil sein Gehilfe Konstantin Kuraschew ab sofort wieder den Tigers-Nachwuchs betreut, läuft Reinhards Vertrag, den er einst als Assistenzcoach unterzeichnete, bis 2015 weiter. Es ist nicht ausgeschlossen, dass er dem Klub erhalten bleiben wird. Er hoffe, dass die Mannschaft den Ligaerhalt schaffe, sagte Reinhard. Drei Siege sind dafür nötig, heute Donnerstag (19.45 Uhr) folgt der vierte Vergleich in Lausanne.