Der Qualisieger muss über sieben Spiele:
SCL Tigers können Geschichte schreiben
Bisher sechs Heimsiege in der Play Off – Viertelfinalserie zwischen dem HC Lausanne und den SCL Tigers. Die Langnauer fordern den Qualisierger aufs Äusserste und können am kommenden Dienstag Historisches schaffen.
Optimaler Start in die Partie für die Langnauer. Bereits nach 57 Sekunden markiert Saku Mäenalanen das 1:0 für seine Mnnschaft. Bild: Susanne Bärtschi
Was ist das für eine geile Play Off – Serie. Wer hätte das den SCL Tigers zugetraut. Die vermeintlich einseitigste Serie wird die engste. Wird zum Krimi. Morgen Dienstag kommt es in Lausanne zur Belle. Natürlich sind die Waadtländer immer noch Favorit. Zumal sie ja in diesem Spiel wiederum Heimspiel haben und der letzte Sieg der Emmentaler im Waadtland vom 16. Oktober 2021 datiert. Die Auswärts-Niederlagenserie der Emmentaler gegen den LHC dauert nun schon zehn Spiele an. Und doch reist das Team von Coach Thierry Pterlini nicht chancenlos an diese Belle.
Je länger eine Serie dauert…
Wie sehr der Eishockeyfan bis hin zu den Journalisten und Fernsehkommentatoren Anhänger von Statistiken sind, entnehmen wir praktisch sämtlichen Spielberichten und Live-Kommentaren. Schussstatistiken, Expectet Goals, geblockte Schüsse, Spielanteile, Momentum-Charts etc. – alles schön und gut. Die einzige Statistik, die wirklich zählt, steht auf der Resultattafel. Denn über eines sagen uns diese Statistiken nichts: über die Spielausrichtung einer Mannschaft. Ist die Spielausrichtung defensiv, ist es normal, dass die andere Mannschaft dominiert und alle Statistiken für sie sprechen. Aber wenn die defensive Ausrichtung besser gespielt wird als die offensive, ist es alles andere als eine Überraschung, wenn die defensive obsiegt. In der Beurteilung, welche Mannschaft denn nun hätte siegen müssen, sind deshalb diese Statistiken reine Folklore. Die neutralen Zuschauenden könnten eventuell ihre Sympathien eher der aktiveren und offensiveren Mannschaft schenken. Aber in der Regel – Ausnahmen sind immer möglich – wird der Bessere gewinnen, egal ob dieser defensiv oder offensiv eingestellt ist. Die SCL Tigers sind zurecht in diesem siebten Spiel.
Seit zehn Spielen im Waadtland ohne Sieg. Da ist doch die Favoritenrolle eindeutig und leicht zuzuweisen. In der Tat müsse die Emmentaler einmal mehr über sich hinauswachsen, wollen sie in Lausanne gewinnen. Aber über Serien gibt es ein geflügeltes Wort, das nicht von der Hand zu weisen ist: Je länger eine Serie dauert, desto grösser die Wahrscheinlichkeit, dass sie gebrochen wird.
Die mentale Stärke der Langnauer
Sechs enge Spiele haben der HC Lausanne und die SCL Tigers in dieser Serie bereits absolviert. Jedes dieser Spiele hätte auch anders ausgehen können. Die Lausanner waren in Langnau immer dran, die Tiger aber auch in Lausanne. Die Emmentaler haben aber ihre Heimspiele dieser Serie allesamt ins Trockene gebracht. Eine weitere Heimpartie wird es gegen diesen Gegner in dieser Serie nicht geben. Auch Lausanne hat seine bisherigen drei Heimspiele gewinnen können. Aber die Mannen von Coach Geoff Ward müssen nun eben auch noch ihr viertes Heimspiel eintüten können. Und in diesem gibt es einen kleinen, aber nicht ganz unerheblichen Unterschied zu den bisherigen Heimpartien: Eine Niederlage könnte nicht mehr korrigiert werden!
Dieser Umstand stellt höchste, vor allem mentale Anforderungen an die Mannschaft von Lausanne. Dass die Mannschaft mental parat ist, hat sie zwar immer wieder bewiesen. Davon zeugen auch immer wieder die späten Tore, und auch, dass sie regelmässig skoren, wenn sie ohne Torhüter und mit sechs Feldspielern spielen. Mental labil ist also diese Mannschaft ganz bestimmt nicht. Und trotzdem haben bisher die Langnauer auf Rückschläge erfolgreicher reagiert und sind erfolgreicher damit umgegangen als Lausanne. Einige Beispiele gefällig.
Spiel 2: Die Langnauer bringen einen Zweitore-Vorsprung nicht über die Runden und kassieren Sekunden vor Ablauf der regulären Spielzeit den Ausgleich. In der Verlängerung ist von diesem Malheur rein gar nichts zu spüren und die Tiger tüten ihren Sieg trotzdem ein.
Spiel 4: Die SCL Tigers reagieren auf den Anschlusstreffer von Lausanne im Schlussdrittel prompt und stellen sofort die alte Differenz wieder her.
Spiel 6: Lediglich 4,3 Sekunden vor der ersten Sirene müssen die Langnauer den Anschlusstreffer Lausannes hinnehmen. Oh – das ist nicht gut, bedauern viele einheimische Fans. Die Spieler auf dem Eis lassen sich davon nicht beirren. Ihren zweiten Gegentreffer nehmen sie zwar wiederum Sekunden vor Ablauf – diesmal der regulären Spielzeit – entgegen. Doch weil sie das Skore zuvor auf 3:1 gestellt haben, kommt dieser zweite Treffer für die Lausanner zu spät.
Charlin ist wieder da!
Viele haben Langnau einen Exploit gegen Lausanne auch deswegen nicht zugetraut, weil sich Stéphane Charlin verletzt hatte und man davon ausgehen musste, dass er in dieser Viertelfinal-Serie nicht zum Einsatz kommen würde. Doch die Serie stand auch mit – den bärenstarken – Luca Boltshauser 2:2. Erneutes Goali-Verletzungspech zwang dann die Langnauer im Schlussdrittel von Spiel 5 zum erneuten Torhüterwechsel. Weil erstmals wieder Stéphane Charlin auf der Ersatzbank sass, kam dieser früher als erwartet zum Einsatz und liess sich in dieser Partie nicht mehr bezwingen. Allerdings musste er lediglich zwei Schüsse abwehren. Aber dass er wieder da ist, erfuhren die Lausanner in Spiel 6. Mit 94,12 Prozent abgewehrter Schüsse gewann er das Duell gegen seinen Kontrahenten Kevin Pasche (86,36%) klar. Stéphane Charlin wird auch in Spiel 7 das Langnauer Tor hüten.
Ganz bestimmt hat in Lausanne vor dieser Serie niemand damit gerechnet, gegen die SCL Tigers in eine Belle zu müssen. Insofern ist allein schon dieser Umstand zumindest ein kleines Horror-Szenario. Während die SCL Tigers – sinnbildlich gesprochen – an die Himmelstüre klopfen, befinden sich die Waadtländer im Vorhof zur Hölle. Denn nichts weniger als der Meistertitel soll es in dieser Saison für den LHC sein. Und jetzt ist für eine dieser beiden Mannschaften nach Spiel 7 dieser Viertelfinal-Serie Schluss.
Die SCL Tigers werden nach dieser für sie brillanten Saison auch im Falle einer Niederlage gefeiert werden. sie sind bereits jetzt die Helden des Emmentals.
Ein Ausscheiden würde den HC Lausanne bitter treffen. Der Druck auf diese Mannschaft ist maximal.