Erneut ein Gurken-Heimspiel:
SCL Tigers mit zwiespältigem Eindruck (eine Einschätzung)
Die beiden letzten Heimspiele (1:0 gegen Ajoie, 1:4 gegen Rapperswil) vermochten das Publikum nicht zu erfreuen. Dann schon eher das formidable 5:2 vom Freitag auswärts gegen das schwache Lugano. Irgendwie sind die Tiger gerade nicht so richtig im Strumpf.
Die SCL Tigers waren gegen die Lakers keineswegs chancenlos. Der Tabellenzweite wäre an diesem Abend mit einer normalen Leistung zu knacken gewesen. Bild: Bruno Wüthrich.
Es war immer die Frage, wie lange die SCL Tigers die Wegzüge von Stéphane Charlin, Vili Saarijärvi (beide zu Servette) und Brian Zanetti (zu Lugano) zu kompensieren vermögen, zumal seit Saisonbeginn auch noch der aktuell wichtigste Verteidiger Juuso Riikola ausfällt. Der letztjährige Erfolg war auf der sicheren Defensive aufgebaut. Von dieser Sicherheit ist aktuell nicht mehr viel zu sehen. Und vorne fehlt einer wie Aleksi Saarela.
Obwohl das Gros der Mannschaft geblieben ist, ist trotzdem nicht mehr viel so, wie in der letzten Saison. Der aktuelle Rang 9 täuscht etwas über die wahre Qualität der bisherigen Tigers-Saison hinweg. Der SC Bern hat mit der Verpflichtung von Heinz Ehlers als neuen Coach eine wichtige Massnahme vollzogen. Es würde nicht überraschen, wenn die Berner unter dem Dänen, von dem wir wissen, dass er aus dem ihm zur Verfügung stehenden Potenzial stets viel mehr herausholen kann, zum Schluss der Saison um die Meisterschaft mitspielt. Auch der HC Lugano hat viel Potenzial. Dort gilt es abzuwarten, wie ein neuer Trainer, der diese Saison irgendwann mal verpflichtet wird, dieses wird abrufen können. Ambri hat seit dem Rückzug von Luca Cereda als Coach und Paolo Duca als Sportchef gut performt und zwei Mal gewonnen. Natürlich war da auch Glück dabei, dass als erster Gegner gleich der HC Ajoie, dem aktuell nicht viel gelingt und danach die ZSC Lions, die auch etwas von der Rolle zu sein scheinen, zur Verfügung standen. Auch bei den Zürchern könnte, wenn der Krebsgang so weitergeht, irgendwann in dieser Saison Schluss sein für Coach Marco Bayer. Die beiden Siege könnten den Leventinern helfen, aus dem Loch herauszufinden. Viel Rückstand (4 Punkte) auf die SCL Tigers haben sie nicht mehr. Es liegen also derzeit drei Mannschaften hinter den Emmentalern, von denen man mehr erwartet hat und von denen auch noch mehr kommen könnte.
Im Bericht des Onlineportals der Berner Zeitung kann man lesen, wie erfreulich es sei, dass in Langnau die Jungen zum Zug kommen. Und natürlich ist das so. Allerdings ist da zwar einiges, aber eben nicht alles Gold, was glänzt. In der Saison 2023/24 lief ein gewisser Jonas Schwab elf Mal für die SCL Tigers auf und machte dabei eine gute Falle. den Rest der Saison bestritt er mit dem damaligen Farmteam Ticino Rockets. Danach erhielt das Eigengewächs (Schwab durchlief alle Nachwuchsstufen bei den SCL Young Tigers) einen Profivertrag. Von jetzt an war aber Schluss mit lustig. Weil das neue Farmteam, der EHC Chur, genügend eigene Verteidiger im Team hatte, kam Schwab nicht in Chur unter und wurde wieder bei den U20 in Langnau eingesetzt, wo er sich nicht weiterentwickeln konnte. Aktuell spielt er in Huttwil. Aber zurück zu dem, was Gold ist: Tim Mathys und Nik Lehmann entwickeln sich gut und machen Freude. Sie sind aber verständlicherweise noch keine Leader und können eine Partie nicht reissen. Und bei aller Nachwuchsförderung: Das Publikum sollte man trotzdem nicht vergessen. Das kommt nicht an die Ilfis, um Gurkenhockey zu sehen. Es akzeptiert Niederlagen wie beispielsweise gegen den HC Davos und gegen Servette, wenn es dabei gut unterhalten wird. Dies war in diesen beiden Spielen der Fall, wenn dies auch im Falle der Partie gegen die Genfer nicht heisst, dass auch gut gespielt wurde. In erster Linie zählen Siege, aber danach kommt gleich die Unterhaltung. In der Partie gegen die Lakers war man von beidem weit entfernt.
Die Baustellen
Stéphane Charlin hatte über die ganze Qualifikation der letzten Saison eine Fangquote von 94,6 Prozent. Das ist formidabel. Er war damit der statistisch beste Goali der Liga. Er deckt mit seinem Körper viel vom Tor ab, kann das Spiel gut lesen, verschiebt sehr schnell und wehrt die Pucks meistens zur Seite ab. Luca Boltshauser, die sowohl ehemalige wie auch neue Nr. 1 im Kasten der Langnauer, kommt in dieser Saison zwar auch auf respektable 91,22 Prozent, aber ihm passieren zu viele Abpraller nach vorne, welche dann von den Gegnern verwertet werden können. Auch Robin Meyer kommt auf eine Save-Quote von über 90 Prozent (90,97). Aber bei den Abprallern gilt für ihn das Gleiche wie für Boltshauser. Erfreulich aber, dass die Emmentaler mit beiden Torhütern bereits mehrere Spiele gewinnen konnten. Zu bemerken ist auch, dass die Unterstützung der Vorderleute nicht ganz dem Vorjahres-Level entspricht. Trotzdem haben die Tiger in dieser Saison eben keinen Stéphane Charlin mehr im Tor.
Auffallend auch die Differenz in den Spezialsituationen. Die Emmentaler lagen in der vergangenen Saison bei der Effizienz in Überzahl genau im Ligadurchschnitt, bei den erhaltenen Toren in Unterzahl waren sie sogar das beste Team der Liga. Die Statistik zeigt zumindest für das Boxplay einen regelrechten Absturz. In Unterzahl sind in der aktuellen Spielzeit lediglich Servette und Biel noch schlechter als die Langnauer, und auch in Überzahl liegen Letztere unter dem Durchschnitt (Rang 9). Das Überzahlspiel läuft zwar oftmals sehr gut, aber die Effizienz ist nicht da, wo sie sein sollte. Das gilt auch für das Spiel in beidseitigem Vollbestand.
Wenn dann, wie in den letzten beiden Heimspielen, noch fehlende Präzision im Passspiel und – vor allem gegen die Lakers – noch Fehler im Abwehrverhalten und im Spielaufbau hinzukommen, resultieren daraus eben Gurkenspiele.
Nach 14 gespielten Partien wiesen die SCL Tigers letzte Saison 21 Punkte aus. In dieser Saison sind es zum gleichen Zeitpunkt sieben Punkte weniger. Mit sieben Punkten weniger hätten die Langnauer in diesem Frühjahr lediglich den enttäuschenden 12. Rang erreicht. Das heisst auch: wollen die Tiger bis zum Ende der aktuellen Quali zumindest um das Play In mitreden können, müssen sie sich steigern. Sogar - ab Spiel 15 gerechnet - im Vergleich zur letzten Saison.
