An der HV des Fanclub rausgekommen:

So unterschiedlich feierten Langnaus Helden von 1976

Der SC Langnau feierte 1976 mit dem Titelgewinn den bisher grössten Erfolg seiner Geschichte. An der HV des "Fanclub SCL Tigers" erzählten Jürg Berger und Alfred Bohren davon. Die Feier der Beiden hätte damals unterschiedlicher nicht sein können.

News • • von Bruno Wüthrich

Jürg Berger trägt Spielertrainer Jean Cusson auf den Schultern. Links ist Werner Lengweiler. Bild: ZVG

 

Im Januar 2021 wird der SC Langnau, bzw. werden die heutigen SCL Tigers, oder für viele einfach der SCL 75 Jahre alt. Grund genug, die Erfolge des Klubs aus der Vergangenheit hoch leben zu lassen. Der grösste Erfolg in der langen Geschichte des Dorfklubs ist zweifellos der Titelgewinn von 1976.

Die Hauptversammlung des "Fanclub SCL Tigers" ist seit einigen Jahren ein richtiger Event. Denn da wird nicht einfach nur HV gehalten. Hier gibt es ein Rahmenprogramm, und es ist zu vermuten, dass die Besucher dieses Anlasses eher wegen dem Drumherum kommen, als dass sie tatsächlich wissen wollen, wie es denn um die Zahlen des Vereins steht.

Unter anderen wurden in diesem Jahr die beiden Meisterspieler Jürg Berger und Alfred Bohren eingeladen. Beide waren sie wichtige Stützen in der Meistermannschaft von 1976. Sie stellten sich den Fragen von einem, der damals ebenfalls bereits dabei war, und es auch heute noch ist, auch wenn es für die Emmentaler nicht mehr so sehr um den Titelgewinn geht. Die Rede ist von Hockeyjournalist Klaus Zaugg, damals noch Banklehrling und Journalist im Nebenamt.

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Alfred Bohren und Jürg Berger an der HV des Fanclub SCL Tigers. Bild: Nadja Wüthrich

 

Zaugg stellt Jürg Berger vor als einen der smartesten Flügel der damaligen Zeit, schlittschuhläuferisch uns stocktechnisch top, von den Anlagen her wäre er einer für die NHL gewesen. Derweil war Alfred Bohren nach seinen eigenen Angaben eher ein Indianer, der den Puck nach vorne "schleifte". Nicht ganz so elegant, nicht ganz so schnell, und auch kein Führungsspieler wie Jürg Berger.

Ob es denn stimme, dass damals jeder Spieler genau gleich viel verdient habe. "Das haben wir damals jeweils unter uns abgemacht. Damals hatten wir Spieler noch sehr viel Macht", erzählt Jürg Berger. Er könne sich noch gut erinnern, als Peter Lehmann, der damals im Berner Oberland als Polier arbeitete, vorstellig geworden sei, weil er es sich nicht ständig leisten könne, zu den Trainings und den Spielen aus dem Oberland anzureisen. Wenn er keine Spesen erhalte, könne er nicht mehr jedes Mal kommen. "Wir sassen dann in der Mannschaft zusammen und beschlossen, dass Peter künftig Spesen erhalten soll."

Die Mentalität in dieser Mannschaft sei einzigartig gewesen, erläutert dann Alfred Bohren. "Da hat einfach alles gestimmt. Als es in die entscheidenden Spiele ging, wussten wir, dass wir es packen können." Auch heute noch sei der Zusammenhalt in einer Mannschaft enorm wichtig. Wenn charakterlich alles stimme, könne vieles wett gemacht werden, was an Talent fehle. Doch die Mannschaft von 1976 hatte ohne Zweifel sehr viel Talent.

Es hätten sogar drei Titel in Serie werden können, denn auch in den Saisons 1976/77 und 1977/78 stand der SCL kurz vor dem Titelgewinn und hatte diesen in den eigenen Händen. Gemäss Bohren schlug damals aber das sonst unerschütterliche Selbstvertrauen der Mannschaft fast ein wenig in Überheblichkeit um. Vor dem alles entscheidenden Spiel gegen den SCB, der den Titel zu diesem Zeitpunkt bereits verpasst hatte, aber den Erfolg der Langnauer noch verhindern konnte, wurden die Berner durch die emmentalsche Überheblichkeit richtiggehend angestachelt. Doppelseitig prangte in einer grossen Tageszeitung der Titel, dass man sich darauf freue, dass die Berner beim Langnauer Titelgewinn Spalier stehen müssten.

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Michael Horak, Jürg Berger und Alfred Bohren tragen Edgar Grubauer auf ihren Schultern. Bild: ZVG

 

Die Berner sollen sich danach den Zeitungsbericht in der Kabine aufgehängt und sich geschworen haben, alles dafür zu tund, dass es zu diesem Szenario nicht kommen würde. Nach dem ersten Drittel stand es dann bereits 4:1 für die Berner. Im Ilfisstadion notabene. Zur zweiten Pause wurde dann der in Langnau bereitstehende Meisterkübel aus der Halle getragen und nach Biel gefahren.

Aber zurück zum Titelgewinn von 1976: Wie sie denn gefeiert hätten, wurden die beiden Cracks gefragt. Alfred Bohren, der damals im Militär war, erzählt: "Der Kadi hat mir gesagt, wenn wir den Titel gewinnen, würde ich drei Tage Urlaub erhalten. So war es dann auch, und ich feierte drei Tage und drei Nächte durch. Ich war keine einzige Minute im Bett."

Ganz anders Jürg Berger. "Ich stand am darauffolgenden Morgen um 06.30 Uhr an meinem Arbeitsplatz auf der Matte. Ungläubig fragte Zaugg nach: "Was? Stimmt das? Ihr gewinnt den Titel und du gehst am nächsten Tag arbeiten, wie wenn nichts geschehen wäre?" Es sei damals im Geschäft viel zu tun gewesen. Und er hätte seinem Arbeitgeber sowieso immer viel zu verdanken gehabt, weil er ja wegen der Trainings und den Spielen oft eine Sonderregelung genossen habe. "Da war es für mich eine Selbstverständlichkeit, in dieser Situation etwas zurückzugeben. So blieb ich nicht lange an der Feier und trat dafür am Folgetag zur Arbeit an.

Womit auch klar ist, dass die Cracks von damals von ihrem Sport nicht leben konnten. "Wir hatten drei Trainings pro Woche und zwei Spiele. Insgesamt wurden nur 28 Runden gespielt. Eishockey war damals eine ganz andere Sportart, als sie es heute ist", führt Alfred Bohren aus und weist darauf hin, dass die Schweizer Nationalmannschaft damals zwischen der B- und der C-Weltmeisterschaft hin- und herpendelte, also im Ranking der Nationen irgendwo zwischen Rang 12 und Rang 20 klassiert gewesen sein müsste (jede Weltmeisterschaft wurde damals noch mit 8 Teams ausgetragen). Ausser für Spielertrainer Jean Cusson war also Eishockey lediglich ein ernsthaft und leidenschaftlich betriebenens Hobby.

"Interessant wäre es zu wissen, zu was das Meisterteam von 1976 fähig gewesen wäre, wenn es bereits damals nach den heutigen Erkenntnissen trainiert und gespielt hätte", fragte sich Bohren. Denn das nötige Talent war damals zweifellos vorhanden.