Konfusion total um DiDo:

Was sagt diese Kündigung über die SCL Tigers?

Chris DiDomenico will die SCL Tigers verlassen. So wurde es inzwischen offiziell bestätigt. Doch wohin er geht, ist offen. Hat eventuell der Verwaltungsrat eine unglückliche Rolle gespielt?

Blog • • von Bruno Wüthrich

Langnaus abwanderungswilliger Leitwolf Chris DiDomenico. Bild: www.scltigers.ch, Peter Eggimann

 

Der angekündigte Abgang von Chris DiDomenico auf Ende deiser Saison bewegt derzeit die Gemüter in Langnau. Lief möglicherweeise doch nicht alles so professionell ab, wie es für einen Klub aus der National League erforderlich ist? Spielt sogar der Verwaltungsrat eine unglückliche Rolle? Glaubt man heutigen Presseberichten (Watson, Berner Zeitung) könnte die Kündigung von Chris DiDomenico eine Posse sein, die wahrlich gotthelfsche Dimensionen hat.

Halten wir uns an das, was wir aus der Presse entnehmen können, erkennen wir, dass hier viel Spekulation mit im Spiel sein muss. Dies erkennen wir allein schon daran, dass Klaus Zaugg auf Watson auf ein Telefongespräch mit Gottéron-Sportchef Christian Dubé verweist, der abstreitet, Chris DiDomenico eine Offerte unterbreitet oder gar mit ihm einen Vertrag unterschrieben zu haben. Philipp Rindlisbacher von der Berner Zeitung ist sich jedoch offenbar sicher, dass der Wechsel von "DiDo" zu Gottéron feststeht, und dies nicht einmal zu merklich besseren Konditionen, als sie der Kanadier in Langnau erhalten hätte. Geniessen wir also das, auf das wir in diesem Artikel eingehen, mit etwas Vorsicht.

Folgende Begebenheiten sollen Chris DiDomenico nachhaltig verärgert haben:

1.) Bereits in der zweiten Partie der diesjährigen Meisterschaft fiel "DiDo" Heinz Ehlers Rotationsprinzip "zum Opfer". Er war also in der für ihn ungewohnten Rolle des überzähligen Ausländers. Die SCL Tigers hatten zu diesem Zeitpunkt fünf Ausländer unter Vertrag (heute sind es sechs). Da nur vier spielen dürfen, muss immer einer zuschauen. Inzwischen hat auch Topscorer Harri Pesonen einmal zuschauen müssen. Harri Pesonen und Chris DiDomenico sind die Tiger-Ausländer Nr 1 und Nr. 2. Doch die Langnauer gewannen die beiden Partien, in denen einer dieser beiden Cracks zusehen musste. DiDomenico soll nach seiner Zwangspause je nach Quelle tage- oder gar wochenlang nicht mehr mit dem Coach gesprochen haben.

2.) In der letzten Partie vor der Spengler-Cup - Pause holte Chris DiDomenico einen Penalty heraus, den er dann nicht selbst schiessen durfte. Claudio Cadonau durfte/musste ran. Der Verteidiger scheiterte deutlich. Anders als bei den Entscheidungen infolge des Rotationsprinzips gab diesmal das Ergebnis dem Coach nicht recht, was die Verärgerung von "DiDo" noch verstärkt haben dürfte.

3.) Anfang Dezember gab Sportchef Marco Bayer gegenüber der Berner Zeitung zu Protokoll, DiDomenico müsse sich für einen neuen Vertrag zuerst aufdrängen. Damit machte er öffentlich, dass die Langnauer mit den Leistungen des Kanadiers nicht so zufrieden waren/sind, die für eine Weiterbeschäftigung nötig wären. Für "DiDo", der  noch kurz vorher angedeutet hatte, dass er sich vorstellen könne, bis zu seinem Karriereende in Langnau zu spielen, war diese Aussage natürlich ein Schlag ins Gesicht.

Aufforderung, sich zu entschuldigen?

So weit die Fakten. Begeben wir uns wieder ins Reich der Spekulation. Gemäss der Berner Zeitung soll Sportchef Marco Bayer durch den Verwaltungsrar aufgefordert worden sein, sich für die Aussage in der Berner Zeitung beim Kanadier zu entschuldigen und dessen Vertrag unverzüglich zu verlängern.

Kann das stimmen? Dies ist wirklich kaum zu glauben. Weshalb denn entschuldigen? Weil ein Vorgesetzter von einem Mitarbeiter verlangt, dass er seine Leistung steigern müsse, wenn er weiter beschäftigt werden möchte? Sind denn die Leistungen des besagten Mitarbeiters so gut, dass eine derartige Forderung völlig daneben ist? Nein! Dem ist nicht so. DiDomenico hat eine negative +/- Bilanz (-1). Mit negativer Bilanz ist gemeint, dass mehr Gegentore als eigene Treffer fallen, wenn der 30-Jährige auf dem Eis steht. Er ist in dieser Statistik lediglich die Nr. 19 der Tiger. Zumindest in dieser Beziehung hat der Spieler also deutlich Luft nach oben. Die unbestrittene Nr 1 ist Langnaus Topscorer Harri Pesonen. Seine Bilanz steht bei +20! Zudem ist DiDo Langnaus meistbestrafter Spieler. Er nimmt auch in diesem Jahr wieder am Spengler Cup teil, was in Langnau nicht alle gerne sehen. Erfahrungsgemäss fällt DiDomenico danach jeweils für einige Partien in ein Leistungsloch. Unter all diesen Aspekten muss es doch einem Sportchef erlaubt sein, durchblicken zu lassen, was von einem Mitarbeiter erwartet wird. Er darf dies auch öffentlich tun, denn Eishockey ist eine Publikumssportart, ein Sport also, der in der Öffentlichkein stattfindet. Spiel für Spiel schauen in Langnau allein in der Ilfishalle gegen 6'000 Zuschauer zu, die sehen, was Sache ist. Das Fernsehen ist jeweils auch dabei. Ergo darf auch öffentlich sein, was der Sprotchef darüber denkt.

Wenn nun der Verwaltungsrat fordert, dass der Sportchef sich beim Spieler nicht nur entschuldigen muss, sondern unverzüglich darauf hinzuwirken hat, dass der Vertrag verlängert wird, untergräbt er die Autorität des Verantwortlichen im sportlichen Bereich. Wie sollen denn Sportchef und Trainer eine Mannschaft führen, wenn ihnen der Verwaltungsrat auf diese Weise reinredet. Mit Verlaub: Das geht gar nicht! Sollen die sportlichen Verantwortlichen erfolgreich weiter arbeiten können, geht dieses Vorgehen unter gar keinen Umständen!

Der Verwaltungsrat muss doch davon ausgehen, dass der Coach und der Sportchef sich regelmässig über ihr Personal unterhalten. Es ist zudem davon auszugehen, dass sich die Beiden bezüglich der Qualitäten und der Schwächen ihres Personals im Wesentlichen einig sind.

Was also soll diese Einmischung? Sie macht nicht nur keinen Sinn, sondern ist auch fatal. Nun ist nicht nur einer der wichtigsten Spieler weg. Auch die sportliche Führung ist völlig unnötigerweise destabilisiert.

Kein Spieler kann so wichtig sein, dass ein Verwaltungsrat ein derartiges Risiko eingeht. Spieler - auch gute - kommen und gehen. DiDomenico ist schon einmal gegangen. Es musste auch damals weiter gehen. Es wird auch diesmal weiter gehen müssen. Aber dafür muss das Fundament in der Organisation stimmen. Dies bedeutet auch, dass sich alle Stellen innerhalb der Organisation um genau das kümmern, um das sie sich zu kümmern haben. Die sporltiche Führung ist für den Sport zuständig. Die Geschäftsführung führt die Geschäfte, kümmert sich um die das Sponsoring, das Catering, das Merchandising, die organisatiorischen Abläufe, die Buchhaltung und die Administration. Und der Verwaltungsrat definiert die strategischen Ziele, überwacht und unterstützt. Die Unterstützung kann beratender oder finanzieller Natur sein. Das bedeutet, dass der Sportchef sich selbstverständlich jederzeit an den Verwaltungsrat wenden können muss, wenn er Gesprächsbedarf hat.

Von einem Sportchef zu fordern, dass er sich bei seinem Personal entschuldigt, nur weil er mehr Leistung gefordert hat, kann nicht die Aufgabe des Verwaltungsrates sein. Auch die Forderung einer Vertragsverlängerung mit einem bestimmten Spieler ist nicht Sache des Verwaltungsrates. Zumindest dann nicht, wenn die sportliche Verantwortung nachwievor beim Sportchef liegt. Wie soll denn das gehen?